Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung des inländischen Betriebsvermögens vom Vermögen der belgischen Zentrale. zum Diskriminierungsverbot zur Niederlassung von Gesellschaftern innerhalb der Europäischen Union.. Einheitsbewertung für den gewerblichen Betrieb auf den 1.1.1974
Leitsatz (redaktionell)
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten.
Die Revision wird zugelassen.
Normenkette
BewG § 121 Abs. 2 Nr. 3, § 103 Abs. 1
Tenor
Für die Frage des wirtschaftlichen Zusammenhanges zwischen inländischer Betriebsstätte und Schulden ist die sogenannte direkte Methode als Kriterium maßgebend.
Als Schulden i.S.d. § 103 Abs. 1 BewG sind nur die von der inländischen Betriebsstätte für ihre eigenen Bedürfnisse selbst aufgenommenen Fremdmittel nebst denen vom Stammhaus für die Betriebsstätte aufgenommenen und an diese weitergegebenen Darlehen abzuziehen.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft belgischen Rechts mit Sitz und Geschäftsleitung in Belgien. Angefochten ist der Einheitswertbescheid für das inländische Betriebsvermögen auf den 1. Januar 1974. In der für den Einheitswert nach § 106 Abs. 3 Bewertungsgesetz (BewG) maßgeblichen Bilanz der inländischen Betriebsstätte zum 31. Oktober 1973 ist kein „Dotationskapital” ausgewiesen, jedoch ein „Verrechnungskonto” mit einem Saldo – nach der Bp – von DM zugunsten des belgischen Stammhauses. Dieser Saldo entspricht ca. 78 v. H. der Bilanzsumme der inländischen Betriebsstätte. Das beklagte Finanzamt (FA) behandelte den Saldo des Verrechnungskontos in vollem Umfang als Eigenkapital. Streitig ist, ob der bewertungsrechtlich maßgebende Eigenkapitalanteil nach einem Kapitalspiegel zu berechnen ist, der insbesondere das Verhältnis von Eigenkapital und Fremdkapital des Gesamtunternehmens berücksichtigt. Die Eigenkapitalquote des Gesamtunternehmens betrug nach den Angaben der Klägerin am Bilanzstichtag 37,71 v. H.
Das FA hat den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1974 mit Bescheid vom 1. April 1981 auf DM festgestellt. Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage, zu deren Begründung die Klägerin ausführt:
1. Die Veranlagung verstoße gegen § 103 Abs. 1 BewG. Nach dieser Vorschrift seien Schulden insoweit abzuziehen, als sie mit der Gesamtheit oder einzelnen Teilen des gewerblichen Betriebs in wirtschaftlichem Zusammenhang ständen. Die Vorschrift setze ausdrücklich lediglich einen wirtschaftlichen Zusammenhang von Schulden und der Gesamtheit bzw. einzelnen Teilen des gewerblichen Betriebes voraus. Ein unmittelbarer Zusammenhang werde nicht gefordert. Bei der in dem Saldo des Verrechnungskontos enthaltenen Mittelzuführung handele es sich nicht um Eigenkapitalzuführung, insbesondere nicht um die Weiterleitung von Mitteln aus der am 1. November 1971 durchgeführten Kapitalerhöhung. Die vom Beklagten vertretene Auffassung widerspreche dem mit § 103 Abs. 1 BewG verfolgten Zweck einer sachgerechten Betriebsstättenbesteuerung. Es entspreche nicht dem gesetzgeberischen Willen, Schulden, die sich nicht ausschließlich Haupt- oder Zweigniederlassungen zuordnen ließen, gleichwohl einseitig dem Stammhaus zuzuordnen. Ein Betriebsschuldenabzug bei einer inländischen Betriebsstätte komme nicht nur dann in Betracht, wenn die Verbindlichkeit durch die Betriebsstätte selbst oder vom Stammhaus für die Betriebsstätte begründet worden sei; denn die direkte Aufnahme von Fremdmitteln durch die inländische Betriebsstätte gehe an der finanzwirtschaftlichen Realität vorbei. Das einheitliche Gesamtunternehmen decke seinen Kapitalbedarf dort, wo es günstig sei. Das aufgenommene Kapital werde im Gesamtunternehmen nach Bedarf genutzt. Die unmittelbare Aufnahme von Fremdmitteln durch das Stammhaus für jedes einzelne Investitionsvorhaben der Betriebsstätten sei nicht durchführbar. Die direkte Methode der Zuordnung von Wirtschaftsgütern sei daher beim Schuldenabzug nicht anwendbar. Der Saldo des Verrechnungskontos könne nicht mit Hilfe der direkten Methode ausschließlich wie Fremdkapital oder wie Eigenkapital der Betriebsstätte behandelt werden. Der Saldo müsse mit Hilfe des Fremdvergleichs in Eigenkapital- und Fremdkapitalelemente aufgeteilt werden. Lasse sich ein Fremdvergleich nicht durchführen, so sei der Verrechnungssaldo entsprechend dem Kapitalspiegel des Gesamtunternehmens aufzuteilen.
2. Der angefochtene Bescheid verstoße ferner gegen Art. 7 Abs. 2 und 3, Art. 22 Abs. 2 Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) – Belgien. Bei der Ermittlung des auf die inländische Betriebsstätte entfallene Vermögens sei die sogenannte „Dealing at arm' s length”-Klausel des Art. 7 Abs. 2 DBA zu beachten. Diese Klausel gelte nicht nur für die Gewinnabgrenzung. Ein vergleichbarer selbständiger Betrieb würde seinen Finanzbedarf ebenfalls teilweise durch Fremdkapital decken. Das Verrechnungskonto einer selbständigen Tochtergesellschaft gegenüber ihrer Muttergesellschaft würde nicht als Eigenkapital, sondern als Fremdkapital qualifiziert werden. Nur in Mißbrauchsfällen könne es anders...