rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Freibetrag nach § 11 GewStG auch für atypisch stille Gesellschaften
Leitsatz (redaktionell)
- Der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG steht auch Personengesellschaften zu. Darunter fallen auch atypisch stille Gesellschaften.
- Auch eine Kapitalgesellschaft kann insoweit atypisch stille Beteiligte sein.
Normenkette
GewStG § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1
Streitjahr(e)
1998, 1999, 2000, 2001
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob einer GmbH, an der eine andere GmbH als atypisch stille Gesellschafterin beteiligt ist, bei der Berechnung des Gewerbesteuermessbetrages der Freibetrag nach § 11 Gewerbesteuergesetz (GewStG) zu gewähren ist.
Die Klägerin wurde 1993 als GmbH mit einem Stammkapital von 100.000 DM gegründet. Gründungsgesellschafter waren A mit einer Stammeinlage von 20.000 DM, D mit einer Stammeinlage von 10.000 DM, F mit einer Stammeinlage von 10.000 DM, M mit einer Stammeinlage von 12.000 DM und die B-GmbH mit einer Stammeinlage von 48.000 DM. Nachdem A in den Jahren 1994 und 1995 die Geschäftsanteile von D und F übernommen hatte, betrug seine Stammeinlage zu Beginn des Streitzeitraums 42.000 DM. Mit Vertrag vom 25. August 1998 wurde das Stammkapital von 100.000 DM auf 200.000 DM erhöht, wobei die Gesellschafter A und B-GmbH jeweils eine Stammeinlage von weiteren 50.000 DM übernahmen. Mit Vertrag vom 21. Dezember 2000 übernahm A die Stammeinlage der B-GmbH i.H.v. 98.000 DM.
Zum 01.01.1995 beteiligte sich die H-GmbH als stille Gesellschafterin an der Klägerin mit einer Einlage von 5.000 DM. Die H-GmbH war nach dem Gesellschaftsvertrag vom 4. Januar 1995 am Ergebnis, dem Vermögen und den stillen Reserven der Gesellschaft beteiligt. Ferner standen ihr Informations- und Kontrollrechte gem. §§ 716 BGB und 118 HGB zu. Weiterhin bedurften bestimmte Maßnahmen der Geschäftsführung der Zustimmung der stillen Gesellschafterin. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag (Bl. 16 ff. Vertragsakte) Bezug genommen. Aufgrund der Rechte der H-GmbH gehen alle Beteiligten davon aus, dass die Beteiligung der H-GmbH zu einer atypisch stillen Gesellschaft und damit zu einer Mitunternehmerschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) führt.
Mit den Steuererklärungen zur Gewerbesteuer machte die Klägerin für die atypisch stille Gesellschaft die Berücksichtigung des Freibetrages nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 GewStG geltend. Dieser Beurteilung schloss sich der Beklagte (das Finanzamt – FA -) beim Erlass der Gewerbesteuermessbetragsbescheide für 1998 – 2001, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergingen, zunächst an. Nach einer Außenprüfung änderte das FA seine Auffassung und erließ Änderungsbescheide, in denen der Freibetrag nicht gewährt wurde.
Gegen die Nichtberücksichtigung des Freibetrages wendet sich die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage. Sie ist der Ansicht, dass auch atypisch stillen Gesellschaften der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 GewStG und der Staffeltarif nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 GewStG zu gewähren sei. Dies gelte auch, wenn – wie vorliegend – eine Kapitalgesellschaft atypisch still an einer anderen Kapitalgesellschaft beteiligt sei. Wegen der Begründungen im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 18. Dezember 2003 (Bl. 21 ff. Finanzgerichtsakte) Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
die Gewerbesteuermessbetragsbescheide für 1998 - 2001 vom 7. Oktober 2002 und vom 26. November 2002, alle i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 16. Oktober 2003 dahingehend zu ändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag jeweils auf 0 DM herabgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner in der Einspruchsentscheidung vertretenen Rechtsauffassung fest. Zwar sei einer atypisch stillen Gesellschaft grundsätzlich der Freibetrag nach § 11 GewStG zu gewähren; dies gelte jedoch nur, wenn eine natürliche Person als atypisch stille Gesellschafterin beteiligt sei. Etwas anderes sei weder dem Abschnitt 69 Abs. 1 der Gewerbesteuerrichtlinien (GewStR) noch dem BMF-Schreiben vom 26. November 1987, BStBl I 1987, 765 zu entnehmen. Auch die von der Klägerin zitierten BFH-Urteile könnten nicht zu einer anderen Rechtsauffassung führen, da in den entschiedenen Fällen jeweils eine natürliche Person als atypisch stille Gesellschafterin beteiligt gewesen sei.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Gewerbesteuermessbetragsbescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.
1. Die angegriffenen Gewerbesteuermessbetragsbescheide ergingen zu Recht gegenüber der Klägerin. Zwar bildet die Klägerin zusammen mit der H-GmbH aufgrund der der stillen Gesellschafterin eingeräumten Beteiligungs- und Initiativrechte – wovon auch die Beteiligten zu Recht ausgehen – eine atypisch stille Gesellschaft und damit eine Mitunternehmerschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Satz 2 EStG. Diese atypisch stille Gesellschaft ist auch Objekt ...