Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
4.1 Zivilrechtliche Wirksamkeit
Zur zivilrechtlichen Wirksamkeit eines Nießbrauchs an einem Grundstück sind die notarielle Beurkundung sowie die Eintragung in das Grundbuch notwendig. Fehlt die Grundbucheintragung, entsteht ein obligatorisches Nutzungsrecht, wenn durch einen bürgerlich-rechtlich wirksamen Nutzungsvertrag eine schuldrechtlich gesicherte Position begründet und dies auch tatsächlich durchgeführt wird.
Bei Bestellung eines Nießbrauchs zugunsten minderjähriger Kinder ist die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers notwendig, da der Nießbrauch neben Rechten auch Pflichten des Nießbrauchers begründet und dieser damit nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erhält. Ein solcher rechtlicher Nachteil ist z. B. der Eintritt in ein Vermietungsverhältnis, aber auch die gesetzlich verankerte Pflicht zur Lastenübernahme oder zum wirtschaftlichen Erhalt des Nießbrauchsobjekts. Selbst bei Einräumung eines Bruttonießbrauchs an minderjährige Kinder ist die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers erforderlich, wenn das Kind in bestehende Mietverhältnisse eintritt oder zur Vermietung verpflichtet ist. Ein lediglich rechtlicher Vorteil ist nur gegeben, wenn das minderjährige Kind aus seinem Vermögen, das es vor Abschluss des Vertrages besaß, nichts aufgeben und keine neue Belastung auf sich nehmen muss, damit der Vertrag zustande kommt. Denn bei ausschließlich vorteilhaften Geschäften entfällt die Gefahr, dass die Eltern als gesetzliche Vertreter eigennützige Interessen verfolgen. Demgemäß hat das FG des Saarlandes einen Vertrag, mit dem ein Steuerpflichtiger seinen Anteil an einem Mietwohngrundstück aus Anlass der Ehescheidung an seine beiden minderjährigen Kinder unter Vorbehalt eines lebenslangen, bis zur Volljährigkeit aufschiebend bedingten Nießbrauchsrechts im Wege der Schenkung übertragen hat, steuerlich anerkannt, obwohl kein Ergänzungspfleger bestellt war.
Die Bestellung des Nießbrauchs ohne Mitwirkung eines Ergänzungspflegers ist generell in den Fällen anzuerkennen, in denen das Vormundschaftsgericht die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers für entbehrlich gehalten hat.
4.2 Steuerrechtliche Wirksamkeit
Damit Nießbrauchsvereinbarungen zwischen nahen Angehörigen steuerrechtlich anerkannt werden, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Zivilrechtliche Wirksamkeit der Vereinbarungen. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn Nießbrauchsvereinbarungen mit minderjährigen Kindern getroffen werden.
- Bei einem entgeltlichen Nießbrauch müssen die Vereinbarungen dem entsprechen, was auch zwischen fremden Dritten üblicherweise vereinbart wird, insbesondere was die Höhe des Entgelts betrifft.
- Die tatsächliche Durchführung des Nießbrauchs.
Dem Nießbraucher sind bei Vermietung des Grundstücks die Einkünfte i. S. d. § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzurechnen, wenn ihm die volle Besitz- und Verwaltungsbefugnis zusteht, er die Nutzungen tatsächlich zieht, das Grundstück in Besitz hat und es verwaltet. Insbesondere muss der Eintritt in bestehende Mietverträge den Mietern angezeigt, neue Mietverträge müssen durch den Nießbraucher abgeschlossen werden und die Mietzahlungen an den Nießbraucher erfolgen. Hieraus folgt, wenn nicht der Nutzungsberechtigte, sondern der Eigentümer des belasteten Grundstücks die Nutzungen zieht, dass ein einkommensteuerrechtlich zu beachtendes dingliches Nutzungsrecht nicht gegeben ist. Damit sind die gezogenen Nutzungen und die Einkünfte dem Eigentümer zuzurechnen. Dies ist wichtig, wenn im Nießbrauchsvertrag ausdrücklich offenbleibt, ob der Nießbraucher das ihm eingeräumte Recht überhaupt beansprucht. Der Nießbrauch kommt dann nur einem sicherheitshalber bestellten Recht nahe.
Hat der Nießbraucher das Gebäude oder eine Wohnung in Ausübung seines Nießbrauchsrechts an den Eigentümer vermietet, kann darin die Rückgängigmachung des Nießbrauchs oder ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten liegen. Bestellen Eltern ihrem Kind einen befristeten Nießbrauch an einem Grundstück und vermietet das Kind den Grundbesitz anschließend an die Eltern zurück, stellt eine solche Gestaltung regelmäßig einen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten dar. Eine missbräuchliche Gestaltung kann auch in der Unkündbarkeit eines in zeitlichem Zusammenhang mit der Nießbrauchsbestellung mit dem Nießbrauchbesteller vereinbarten Mietverhältnisses oder darin liegen, dass die Dauer eines befristeten Nießbrauchs auf die Unterhaltsbedürftigkeit des Nießbrauchers abgestimmt ist.
Den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung erfüllt auch der am Gesellschaftsanteil einer GbR mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Nießbrauchsberechtigte, wenn ihm kraft seines Nießbrauchs eine Stellung eingeräumt ist, die der eines Ge...