OFD Rheinland, Verfügung v. 22.11.2012, S 3841 - 0006 - St 239/S 4540 - 1002 - St 235
Merkblatt über die steuerlichen Beistandspflichten der Notare auf den Rechtsgebieten Grunderwerbsteuer Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) Ertragsteuern |
Stand: November 2012 |
Teil A. Allgemeines
Das Merkblatt verschafft einen Überblick über die wesentlichen Beistandspflichten bzw. Anzeigepflichten der Notare gegenüber der Finanzverwaltung und soll die Zusammenarbeit erleichtern.
Die aktuelle Fassung dieses Merkblatts kann auf der Internetseite des FM NRW (www.fm.nrw.de) unter Service → Formulare → Veräußerungsanzeige und sonstige Vordrucke für Notare gefunden oder direkt über www.fm.nrw.de/go/notare aufgerufen werden.
1. Zuständigkeiten
Das jeweils zuständige FA in NRW bzw. im Bundesgebiet kann über die jeweilige Suchfunktion (Zuständiges FA suchen bzw. Finanzamtsuche) auf den Internetseiten
www.finanzamt.nrw.de oder www.bzst.de
gefunden werden.
2. Grundsätze zur Anzeigepflicht
Die Anzeigepflicht besteht auch dann, wenn der anzeigepflichtige Erwerbsvorgang keinen steuerbaren Tatbestand erfüllt oder von der Besteuerung ausgenommen ist (Ausnahmen siehe Teil B. 2.1.11 und C. 2.5).
Die Entscheidung, ob es sich um einen nicht steuerbaren oder um einen von der Steuer ausgenommenen Rechtsvorgang handelt, obliegt allein dem zuständigen FA bzw. der hierfür zuständigen Organisationseinheit (Stelle) innerhalb des Finanzamtes.
Zum Regelungsbereich des § 54 EStDV gehören auch Urkunden, die eine Verfügung über Anteile an Kapitalgesellschaften zum Gegenstand haben. Hierzu zählen bspw. auch Treuhandvereinbarungen (wie die sog. Verpflichtungstreuhand) über Anteile an Kapitalgesellschaften, da in diesen Fällen ein Wechsel in der Rechtsinhaberschaft des Anteilseigners stattfindet.
3. Mehrfache Anzeigepflicht
Derselbe Rechtsvorgang kann ggf. mehrere steuerliche Anzeigepflichten auslösen.
In diesen Fällen ist der Rechtsvorgang jedem FA separat anzuzeigen, das für eine der in Betracht kommenden Steuern zuständig ist. Sind mehrere Stellen innerhalb desselben Finanzamts zuständig, so ist diesem FA für jede Stelle gesondert die hierfür vorgesehene Anzeige zu erstatten.
Die zuständige Stelle, für die die Anzeige bestimmt ist, ist auf der Anzeige zu bezeichnen.
Zu den Rechtsvorgängen, die eine mehrfache Anzeigepflicht begründen können, zählen u.a.:
Rechtsvorgang |
Anzeigepflicht besteht für |
Erbauseinandersetzung über Grundstücke und Vermögensübergang von Grundstücken |
- Grunderwerbsteuer
- Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer)
|
Grundstücksschenkung unter einer Auflage und gemischte Grundstücksschenkung |
- Grunderwerbsteuer
- Schenkungsteuer
|
Umwandlung einer Personen- oder Kapitalgesellschaft |
- Ertragsteuern
- ggf. Grunderwerbsteuer
|
Kapitalerhöhung oder -herabsetzung |
- Ertragsteuern
- ggf. Grunderwerbsteuer
|
Kapitalerhöhung gegen zu hohes oder zu geringes Aufgeld |
- Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer)
- Ertragsteuern
|
unentgeltliche oder teilweise unentgeltliche Übertragung von Anteilen an Personen- oder Kapitalgesellschaften |
- Schenkungsteuer
- Ertragsteuern
- ggf. Grunderwerbsteuer
|
Entgeltliche Übertragung von Anteilen an Personen- oder Kapitalgesellschaften |
- Ertragsteuern
- ggf. Grunderwerbsteuer
|
Teil B. Grunderwerbsteuer
1. Maßgebende Vorschriften
Die steuerlichen Anzeigepflichten und sonstigen Beistandspflichten der Notare ergeben sich aus folgenden Vorschriften:
§§ 18, 20, 21 und 22a Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) vom 17.12.1982 (BGBl 1982 I, 1777) in der ab 1.1.1997 geltenden Fassung vom 26.02 1997 (BGBl 1997 I, 418, 1804), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1.11.2011 (BGBl 2011 I, 2131) sowie § 102 Abs. 4 Abgabenordnung (AO).
2. Anzeigepflichtige Rechtsvorgänge
Die Anzeigepflicht betrifft alle Rechtsvorgänge, die unmittelbar oder mittelbar das Eigentum an einem inländischen Grundstück betreffen (vgl. Einführungserlass zum GrEStG 1983 vom 21.12.1982, BStBl 1982 I S. 968 zu Tz. 10.1).
Grundstücke im Sinne des GrEStG sind inländische Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts einschließlich noch nicht vermessene Teilflächen, Miteigentumsanteile, Wohnungseigentum und Teileigentum (§ 2 Abs. 1 GrEStG). Den Grundstücken stehen Erbbaurechte, Gebäude auf fremdem Boden sowie dinglich gesicherte Sondernutzungsrechte im Sinne des § 15 des Wohnungseigentumsgesetzes und des § 1010 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich (§ 2 Abs. 2 GrEStG).
Die Anzeigepflicht bezieht sich deshalb auch auf Vorgänge, die ein Erbbaurecht, ein Gebäude auf fremdem Boden oder ein dinglich gesichertes Sondernutzungsrecht betreffen.
2.1. Notare haben Anzeige insbesondere über folgende Rechtsvorgänge zu erstatten, die sie beurkundet oder über die sie eine Urkunde entworfen und darauf eine Unterschrift beglaubigt haben (§ 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 GrEStG):
2.1.1. Grundstückskaufverträge und andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründen (z.B. Tauschverträge, Einbringungsverträge, Übergabeverträge, Auseinandersetzungsverträge, Annahme von Kauf- und Verkaufsange...