Leitsatz
1. Ist Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 1495/80 der Kommission vom 11.6. 1980 zur Durchführung einiger Vorschriften der Artikel 1, 3 und 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 des Rats über den Zollwert der Waren (ABlEG Nr. L 154/14) i.d.F. der Verordnung (EWG) Nr. 220/85 (ABlEG Nr. L 25/7) dahingehend auszulegen, dass Zinszahlungen getrennt von dem Warenpreis ausgewiesen sind, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung der Zollstelle lediglich die Rechnung über den Netto-Warenpreis vorliegt, aus der sich – wie im Übrigen auch aus der Zollwertanmeldung – weder ausdrücklich noch konkludent entnehmen lässt, dass im Rahmen des zu bewertenden Kaufgeschäfts auch Zinsen vom Käufer an den Verkäufer gezahlt worden sind?
2. Falls die Frage 1 zu verneinen ist: Gehören die Zinszahlungen dann zum Zollwert der Waren?
Normenkette
Art. 1 Abs. 1 Buchst. g EWGVO Nr. 1224/80 , Art. 3 Abs. 1 und 3 EWGVO Nr. 1224/80 , Art. 3 Abs. 2 Buchst. a EWGVO Nr. 1495/80 , Art. 1 Abs. 1 und Anhang I EWGVO Nr. 1496/80
Sachverhalt
Ein Importeur kaufte Waren. Dabei wurde gegen Zinsen ein Zahlungsziel von 120 Tagen eingeräumt. Die Zinsen wurden vom Lieferanten, jeweils für die Lieferungen des vergangenen Monats, gesondert in Rechnung gestellt. Bei der Zollanmeldung ließ der Importeur nur die Warenrechnung vorlegen und meldete nur den daraus ersichtlichen Preis an; die Zinszahlungen wurden von der Zollbehörde erst nach Abfertigung der Waren bei einer Betriebsprüfung entdeckt. Das HZA erhob daraufhin Zoll nach, indem es der Zollberechnung auch die der jeweiligen Warensendung zuzuordnenden Zinszahlungen zugrunde legte.
Entscheidung
Der BFH hat den EuGH angerufen und ihm die eingangs genannte Rechtsfrage zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Hinweis
Fragen der Auslegung des europäischen Gemeinschaftsrechts muss ein letztinstanzlich entscheidendes Gericht – wie der BFH – nach Art. 234 EG dem EuGH vorlegen, wenn ihre Beantwortung nicht klar und eindeutig ist. Unterscheiden Sie hiervon Fragen der Anwendung des europäischen Rechts auf den einzelnen Fall, die das nationale Gericht stets selbst entscheiden muss. Die Abgrenzung zwischen "Auslegung" und "Anwendung" ist freilich schwierig und fließend und wird mitunter von den Gerichten wenig problematisiert.
Die Vorlage ("Vorabentscheidungsersuchen") geschieht durch Beschluss (in voller Senatsbesetzung). Der Beschluss beschränkt sich – wie im Entscheidungsfall – oftmals darauf, die entscheidungsbedürftige Rechtsfrage zu formulieren, ohne dass er zu ihr Stellung nehmen und einen Vorschlag zu ihrer Beantwortung machen müsste (freilich dies mitunter tut).
Die Vorlagefrage ist noch zur alten Zollwertverordnung (ZWVO) ergangen, die inzwischen durch die umfassende Kodifizierung des Zollkodex (ZK) abgelöst worden ist. Sie stellt sich aber für den jetzt geltenden Art. 33 Buchst. c ZK in gleicher Weise.
Für das Verständnis der Vorlagefrage muss man sich Folgendes vergegenwärtigen:
Der Zollwert ist die Bemessungsgrundlage des Zolls; nach ihm berechnet sich i.V.m. dem Zollsatz der zu zahlende Zoll. Zollwert einer eingeführten Ware ist grundsätzlich der sog. Transaktionswert. Transaktionswert ist der für eine Ware gezahlte (oder noch zu zahlende) Preis. Dazu gehören grundsätzlich alle Zahlungen, die im Zusammenhang mit dem Kauf der Ware an den Verkäufer, u.U. aber auch an Dritte, geleistet werden. Das Zollwertrecht lässt jedoch unter bestimmten Voraussetzungen zu, dass Kosten (Zahlungen) nicht in den Zollwert einbezogen werden. Zu diesen Kosten gehören für die Einräumung eines Zahlungsziels an den Lieferanten gezahlte Zinsen. Voraussetzung dafür ist, dass diese Zahlungen "getrennt" von dem für die eingeführten Waren zu zahlenden Preis "ausgewiesen" werden.
Diese Regelung dient der Klarheit und Einfachheit der Zollwertfestsetzung, bietet der Zollbehörde aber auch einen gewissen Schutz gegen eine manipulative Verringerung des Zollwerts: Will der Zollschuldner Preisbestandteile nicht in den Zollwert einbezogen wissen, muss er sich klar (und schriftlich) darüber erklären, welche Teile der von ihm geleisteten Zahlungen nicht zum Zollwert gehören und aus welchem Grund dies der Fall ist; in der Regel wird er auch eine gesonderte Rechnung (oder einen gesonderten Rechnungsposten) vorweisen müssen.
Es stellt sich nun die Frage, ob es ein ausreichender "getrennter Ausweis" ist, wenn in der Warenrechnung eine Position als gesonderter Posten aufgeführt ist, die betreffende aber der Zollbehörde bei der Warenabfertigung bzw. genauer gesagt bei Abgabe der Zollwertanmeldung nicht vorgelegt wird (sondern z.B. erst bei einer späteren Betriebsprüfung den Zollbehörden zur Kenntnis gelangt). Dann ist sicher der gleichsam materiell-rechtlich zutreffende Zollwert angemeldet.
Der BFH lässt jedoch Zweifel anklingen, ob dieser Gesichtspunkt ungeachtet des gleichsam formell-rechtlichen Erfordernisses des "getrennten Ausweises" durchschlägt. Dem ist beizupflichten; denn man wird in einem Verschweigen (also einem Nicht-Ausw...