OFD Frankfurt, Verfügung v. 24.6.2004, S 7168 A - 42 - St I 2.30
1. BFH-Urteil vom 31.5. 2001, V R 97/98
1.1 Der BFH hat mit Urteil vom 31.5.2001, V R 97/98 (BStBl 2001 II S. 658) entschieden, dass die Überlassung von Sportanlagen regelmäßig nicht unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG fällt.
Der BFH hat damit seine bisherige Rechtsprechung, wonach die Vermietung von Sportanlagen aufzuteilen ist in eine steuerfreie Grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen, aufgegeben und eine einheitliche steuerpflichtige Leistung angenommen.
Der BFH stellte dabei im Interesse einer einfacheren Anwendung des UStG in solchen Fällen auf die Sicht des „Durchschnittsverbrauchers” ab, dem es in erster Linie darauf ankommt, auf der Sportanlage mit Hilfe der dafür erforderlichen Vorrichtungen den jeweiligen Sport auszuüben. Diese ihm angebotene einheitliche Leistung des Anlagenbetreibers kann ggf. auch Zusatzleistungen (Duschen/Sauna/Ruheraum) umfassen. Es handelt sich dann nicht – auch nicht teilweise – um steuerfreie Grundstücksvermietung, sondern um einheitliche steuerpflichtige Leistungen eigener Art.
Das Urteil ist nach der Veröffentlichung im BStBl (BStBl 2001 II S. 658, Ausg. Nr. 15 vom 15.10.2001) allgemein zu beachten; Abschn. 6 der UStR 2000 ist insoweit nicht mehr anwendbar.
1.2 Zu den Sportanlagen zählen insbesondere (vgl. Abschn. 86 Abs. 1 Satz 6 UStR 2000):
Sportplätze und Sportstadien, Schwimmbäder (Frei- und Hallenbäder), Tennisplätze und Tennishallen, Schießstände, Kegelbahnen, Squashhallen, Reithallen, Turn-, Sport- und Festhallen, Mehrzweckhallen, Eissportstadien, -hallen, und -Zentren sowie Golfplätze.
2. Umsatzsteuerrechtliche Auswirkungen
Zum Anwendungsbereich des BFH-Urteils ist das BMF-Schreiben vom 17.4.2003, IV B 7 – S 7100 – 77/03, BStBl 2003 I S. 279 ergangen. Danach gilt insbesondere Folgendes:
2.1 Steuersatz
Die Nutzungsüberlassung von Sportanlagen als einheitliche steuerpflichtige Leistung unterliegt, vorbehaltlich der Regelungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a und Nr. 9 UStG, dem allgemeinen Steuersatz. Für in diesem Zusammenhang erhaltene Lieferungen und sonstige Leistungen kann der Vorsteuerabzug – unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG – in Anspruch genommen werden (Tz. 6 des BMF-Schreibens vom 17.4.2003).
2.2 Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG
Nach § 15a UStG kann zu Gunsten des Unternehmers, soweit dessen Eingangsumsätze nach der bisherigen Betrachtung durch bestandskräftige Steuerbescheide vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen waren, noch eine Berichtigung des Abzuges der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge möglich sein (nachträgliches teilweises Vorsteuerabzugsrecht – Tz. 7 des BMF-Schreibens vom 17.4.2003).
Der nach § 15a UStG maßgebliche Berichtigungszeitraum beträgt bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile 10 Jahre. Für jedes Jahr der Änderung innerhalb des Berichtigungszeitraums ist der ursprünglich nicht gewährte Vorsteuerabzug mit einem Zehntel nachzuholen.
Beispiel:
Investitionen in eine Sportanlage im Jahre 01, erstmalige Verwendung für unternehmerische Zwecke Anfang Januar 02. Insgesamt fielen Vorsteuerbeträge von 100.000 EUR an. Davon entfielen auf die steuerfreie Grundstücksvermietung 60.000 EUR (insoweit kein Vorsteuerabzug) und auf die Überlassung von Betriebsvorrichtungen 40.000 EUR (Vorsteuerabzug möglich).
Nach Änderung der Rechtsprechung im Januar 08 (nunmehr voller Vorsteuerabzug möglich) ist hinsichtlich der Vorsteuern auf die Investitionen im Beispielsfall wie folgt zu verfahren:
Im Berichtigungszeitraum (02 – 11) muss ab Eintritt der Änderung (08) für jedes Jahr der Änderung der Vorsteuerabzug in Höhe eines Zehntels von 60.000 EUR nachgeholt werden, für die Jahre 08 – 11 also insgesamt 24.000 EUR.
2.3 Übergangsregelung
Hinsichtlich der Nutzungsüberlassung von Sportanlagen ist das Gesetz zur Sicherstellung einer Übergangsregelung für die Umsatzbesteuerung von Alt-Sportanlagen vom 1.9.2002 ergangen und im BGBl 2002 I S. 3441 bzw. BStBl 2002 I S. 865 veröffentlicht worden.
In § 27 UStG ist dadurch nach Abs. 5 folgender Abs. 6 angefügt worden, der mit Wirkung vom 15.10.2001 in Kraft tritt:
– Umsätze aus der Nutzungsüberlassung von Sportanlagen können bis zum 31.12.2003 in eine steuerfreie Grundstücksüberlassung und in eine steuerpflichtige Überlassung von Betriebsvorrichtungen aufgeteilt werden.
Diese Übergangsregelung ist durch das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Sicherstellung einer Übergangsregelung für die Umsatzbesteuerung von Alt-Sportanlagen vom 23.4.2004 (BGBl 2004 I S. 601 – im BStBl bisher noch nicht veröffentlicht) bis zum 31.12.2004 verlängert worden.
2.4 Wahlrecht des Unternehmers
Ein Unternehmer, der mehrere Sportanlagen vermietet, muss sein Wahlrecht in einem Besteuerungszeitraum nicht einheitlich für alle Sportanlagen ausüben. Vielmehr kann der Unternehmer die Umsätze aus dem Betrieb einer Sportanlage nach den Grundsätzen des BFH-Urte...