Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuweisung eines insolvenzrechtlichen Rechtsstreits an das Arbeitsgericht bei Geltendmachung von Gehaltsansprüchen des Schuldners gegen den Arbeitgeber seitens des Insolvenzverwalters
Normenkette
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3a, § 3; InsO § 82
Tatbestand
I.
Der Kläger ist mit Beschluss des AG Göttingen v. 20.6.2001 zum Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn … bestellt worden. Der Schuldner hat mit der Beklagten mit Wirkung v. 1.4.2007 einen Arbeitsvertrag geschlossen. Die Gehaltszahlungen für die Monate April 2007 – Juni 2008, die die Beklagte unmittelbar an den Schuldner erbracht hat, sind Gegenstand der Klage.
Das LG hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten mit Beschl. v. 30.8.2011 für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das ArbG Göttingen verwiesen. Gegen diesen seinem Prozessbevollmächtigten am 31.8.2011 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit am 14.9.2011 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass eine Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen nicht gegeben sei, weil es an einer Streitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG fehle und i.Ü. auch keine Rechtsstreitigkeit „aus dem Arbeitsverhältnis” vorliege. Das LG hat der sofortigen Beschwerde mit Beschl. v. 15.9.2011 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Braunschweig zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
1.
Die zulässige sofortige Beschwerde (§ 48 Abs. 1 ArbGG, § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, §§ 567 Abs. 1, 569 ZPO) ist unbegründet.
Ob für eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten oder der zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben ist, bestimmt sich nach dem prozessualen Streitgegenstand. Erfüllt dieser einen der Tatbestände der §§ 2 ff. ArbGG, ist der – eine ausschließliche Zuständigkeit begründende – Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet. Davon ist das LG hier mit zutreffenden Erwägungen ausgegangen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird. Da der Kläger den Anspruch des Schuldners gegen die Beklagte auf Gehaltszahlungen geltend macht, liegt ein Fall des § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG vor. Dass zwischen dem Schuldner und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis gegeben ist, nimmt der Kläger selbst nicht in Abrede. Eben die aus diesem Arbeitsverhältnis resultierenden Zahlungsansprüche sind jedoch Gegenstand der Klage, woran auch der Umstand nichts zu ändern vermag, dass die Entscheidung des Rechtsstreits möglicherweise vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 82 InsO abhängig ist. Die geltend gemachte Forderung entspringt dennoch dem Arbeitsverhältnis, wobei § 82 InsO lediglich für die Frage von Bedeutung ist, ob die Beklagte an den Schuldner mit befreiender Wirkung leisten konnte oder nicht.
Darauf, dass der Kläger an dem Arbeitsverhältnis zwischen dem Schuldner und der Beklagten nicht unmittelbar beteiligt ist, kommt es nach der insoweit eindeutigen Bestimmung des § 3 ArbGG nicht an, die der Kläger in seiner Beschwerdebegründung vollständig ausblendet. Nach dieser Bestimmung besteht die in den §§ 2, 2a ArbGG begründete Zuständigkeit auch in den Fällen, in denen der Rechtsstreit durch einen Rechtsnachfolger oder durch eine Person geführt wird, die kraft Gesetzes anstelle des sachlich Berechtigten oder Verpflichteten dazu befugt ist. Letzteres nimmt der Kläger für sich in Anspruch, denn zu den von § 3 ArbGG erfassten Fällen einer Prozessführungsbefugnis kraft Gesetzes gehört auch die des Insolvenzverwalters gem. § 80 InsO (vgl. Matthes/Schlewing, in: Germelmann, ArbGG, 7. Aufl., § 3 Rn. 14; ErfK-Arbeitsrecht/ Koch, 11. Aufl., § 3 Rn. 4; Hauck/Helml, ArbGG, 3. Aufl., § 3 Rn. 11; Grunsky, ArbGG, 6. Aufl., § 3 Rn. 8). Darauf, dass der Kläger im Verhältnis zur Beklagten nicht die Stellung eines Arbeitnehmers i.S.v. § 5 ArbGG hat, kommt es mithin nicht an.
2.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
3.
Zur Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 17a Abs. 4 GVG bestand keine Veranlassung.
4.
Der Streitwert ist mit Blick auf die Bestimmung des § 12a Abs. 1 ArbGG entsprechend dem Kosteninteresse festgesetzt worden.
Fundstellen