Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen verbundener Unternehmen im Rahmen des § 89 Abs. 4 Satz 2 AktG. Anwendung von § 112 AktG gegenüber ausgeschiedenen Aufsichtsratsmitgliedern. konkludente Fassung von Aufsichtsratsbeschlüssen
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Verletzung von Vorstandspflichten durch Darlehensgewährungen ohne Einwilligung des Aufsichtsrates.
2. Aufsichtsratsbeschlüsse können nicht konkludent gefasst werden.
3. Der zu ersetzende Vermögensnachteil besteht im Rahmen der Schadensersatzpflicht nach § 93 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 8 AktG unmittelbar im Abfluss der ausgereichten Darlehensmittel.
4. § 112 AktG findet auch ggü. ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern Anwendung.
Normenkette
AktG § 89 Abs. 4 Sätze 1-2, § 93 Abs. 2, 3 Nr. 8, § 112
Verfahrensgang
LG Zwickau (Urteil vom 31.03.2006; Aktenzeichen 1 HKO 4/04) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Zwickau vom 31.3.2006 (1 HKO 4/04) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Beklagten als Gesamtschuldnern zur Last.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 663.342,41 EUR.
Gründe
A. Der Kläger, Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der S.A. AG (künftig: Schuldnerin), nimmt deren ehemaligen Vorstände, die gleichzeitig Geschäftsführer der 3r B.-gesellschaft mbH (nachfolgend: 3r GmbH) waren, wegen zweier Darlehensgewährungen auf Schadensersatz in Anspruch.
Unter Beteiligung der Beklagten errichteten die Schuldnerin und die 3r GmbH zwei auf den 24.3.1998 und den 18.6.1999 datierende und mit "Darlehensvertrag" überschriebene Vertragsurkunden, denen zufolge die Schuldnerin der 3r GmbH am 24.3.1998 per Scheck ein Darlehen von 753.785 DM und am 18.6.1999 ein Darlehen von 543.600 DM ausbezahlt hat (vgl. im Einezelnen: Vertragsurkunden in Anlagen K 2 und K 3, Bl. 28 ff. d.A. und K 4, Bl. 32 f. d.A.). Diese Kreditgewährungen sind nach Darstellung des Klägers ohne die aus seiner Sicht nach § 89 Abs. 4 Satz 1 AktG und § 5 Abs. 1 lit. h) der Geschäftsordnung des Vorstandes der Schuldnerin erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats erfolgt und damit nach Meinung des Klägers gem. § 93 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 8 AktG haftungsbegründend.
Der Kläger hat gegen die Beklagten am 24.3.2003 beim AG Dresden den Erlass dreier Mahnbescheide über 663.342,41 EUR nebst Zinsen begehrt und den Anspruch in einer Anlage zum Mahnbescheidsantrag wie folgt bezeichnet:
Anspruch auf Zahlung von 663.342,41 EUR (1.297.384,90 DM) zzgl. 6,5 % Zinsen aus 385.404,15 EUR (753.785 DM) seit dem 24.3.1998 sowie aus 277.938,26 EUR (543.600 DM) seit dem 18.6.1999 wegen Vorstandshaftung gem. § 93 AktG auf Grund
- Darlehensvergabe am 24.3.1998 i.H.v. insgesamt 385.404,15 EUR (753.785 DM) zzgl. 6,5 % Zinsen seit dem 24.3.1998 an C.T., T. GmbH, M.K. bzw. 3r GmbH
und
- Darlehensvergabe am 18.6.1999 i.H.v. 277.938,26 EUR (543.600 DM) zzgl. 6,5 % Zinsen seit dem 18.6.1999 an 3r GmbH.
Die hierauf ergangenen Mahnbescheide wurden den Beklagten am 3.4.2003 bzw. am 5.4.2003 zugestellt.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von EUR 663.342,41 nebst Zinsen zu verurteilen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie haben vorgetragen, die von der Schuldnerin an die 3r GmbH geleisteten Zahlungen seien nicht darlehenshalber erfolgt, sondern hätten der Finanzierung des Kaufpreises aus einem treuhänderischen Beteiligungserwerb gedient. Unabhängig hiervon sei die Mitwirkung des Aufsichtsrats gem. § 89 Abs. 4 Satz 2 AktG entbehrlich gewesen, da es sich bei der 3r GmbH um ein mit der Schuldnerin verbundenes Unternehmen gehandelt habe. Der Beklagte zu 3) hat sich ergänzend darauf berufen, dass er nach der internen Geschäftsverteilung für den technischen Bereich zuständig gewesen sei und daher für die von den Beklagten zu 1) und 2) veranlassten Zahlungen keine Verantwortung trage. Des Weiteren haben die Beklagten behauptet, der Aufsichtsrat der Schuldnerin habe den Verträgen vom 24.3.1998 und vom 18.6.1999 zugestimmt.
Die Beklagten zu 1) und 2) haben sich auf Verjährung berufen. Dem Mahnverfahren sei keine verjährungshemmende Wirkung zugekommen, da die geltend gemachte Forderung im Mahnbescheidsantrag nicht hinreichend bestimmt benannt sei. Schließlich haben die Beklagten die Auffassung vertreten, infolge einer am 18.3.2002 zwischen der - vom Aufsichtsratsvorsitzenden vertretenen - Schuldnerin und dem Beklagten zu 2) geschlossenen Abtretungs- und Verrechnungsvereinbarung sei ein Schaden der Schuldnerin entfallen; hilfsweise haben die Beklagten zu 1) und 2) mit Rückzahlungsansprüchen wegen von ihnen der Schuldnerin i.H.v. jeweils 7,5 Mio. DM gewährter Darlehen aufgerechnet.
Durch Urteil vom 31.3.2006 hat das LG Zwickau dem Antrag des Klägers entsprechend erkannt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die sich unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor allem darauf berufen,
- dass die auf die rückdatierten Vertragsurkunden geleisteten Zahlungen nicht darlehenshalber erfolgt seien, sondern den von d...