Leitsatz (amtlich)
Eine besonders ins Auge fallende Verortung der Bezeichnung als "Vergütungsvereinbarung" (§ 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 1 RVG) entbindet nicht von der kumulativen Pflicht des "deutlichen Absetzens" der Vergütungsvereinbarung iSv § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 10 O 400/20) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 10. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Düsseldorf vom 01.07.2022 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neugefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Anwaltshonorar nebst Verzugszinsen auf der Basis einer Vergütungsvereinbarung (Anlage K 1, LGA 45ff), deren rechtliche Wirksamkeit in Streit steht, in Anspruch.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort gestellten Anträge der Parteien wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, mit dem das Landgericht die Beklagte - unter Abweisung der weitergehenden, auf Erstattung vorgerichtlicher Auslagen iHv EUR 1,60 gerichteten Klage - zur Zahlung von EUR 11.289,53 nebst Zinsen iHv fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.03.2020 verurteilt hat.
Zur Begründung hat das Landgericht - soweit in der Berufungsinstanz noch von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt: Die streitgegenständliche Vergütungsvereinbarung sei wirksam, insbesondere verstoße selbige nicht gegen § 3a Abs. 1 S. 2 RVG. Da die Vereinbarung schon in der Überschrift als "Vergütungsvereinbarung" bezeichnet sei und die Vereinbarung über die Vergütung alsdann in einem gesonderten und entsprechend mit einer Überschrift "Vergütung..." gekennzeichneten § 3 geregelt sei, seien die Anforderungen an ein "deutliches Absetzen" erfüllt.
Gegen das angefochtene Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten sowie begründeten Berufung wie folgt:
Entgegen der Ansicht des Landgerichts verstoße die abgeschlossene Honorarvereinbarung aufgrund ihrer unübersichtlichen Gestaltung gegen § 3a Abs. 1 S. 2 RVG und sei unwirksam. Die Ansicht des Landgerichts beruhe offenkundig auf der verfehlten Annahme, dass es mit einer korrekten Bezeichnung der Vereinbarung sein Bewenden habe und es damit auf ein deutliches Absetzen der Honorarregelung von den sonstigen Regelungen gar nicht weiter ankomme. Mit Blick darauf, dass - insoweit unstreitig - die sechsseitige Vereinbarung zehn Paragraphen mit zahlreichen Unterpunkten enthalte, wobei sich nach Auffassung der Klägerin die überwiegenden Vereinbarungen nicht auf die Vergütungsfrage, sondern sonstige Gegenstände bezögen, komme dem Erfordernis eines deutlichen Absetzens hier eine besondere Bedeutung zu. Zwar gebe das RVG in Bezug auf das Erfordernis des deutlichen Absetzens keine bestimmte Druckgestaltung vor, jedoch sei irgendeine optische Gestaltung vonnöten, die die Vergütungsvereinbarung von anderen Vereinbarungen jenseits der Auftragserteilung klar abgrenze. Daran fehle es hier, indem die Vergütungsvereinbarung zwar in einem eigenen Paragraphen erfolge, der jedoch - insoweit unstreitig - ohne jegliche räumliche Trennung von anderen Paragraphen homogen mitten in den übrigen Vertragstext eingefügt sei. Wie sie - unstreitig - schon erstinstanzlich ausgeführt habe, habe die Klägerin die gesetzlich geschuldete Vergütung bereits erhalten, so dass keine weitergehenden Vergütungsansprüche mehr gegeben seien.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen,
hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Düsseldorf zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihrer erstinstanzlichen Argumentation: Entgegen der Ansicht der Beklagten seien das Erfordernis einer Bezeichnung als "Vergütungsvereinbarung" einerseits und das weitere Erfordernis des "deutlichen Absetzens" nicht in jedem Fall getrennt voneinander zu betrachten und zu bewerten. Denn solches werde dem Zweck der betreffenden Erfordernisse nicht gerecht: Wenn - wie hier - in der vergrößerten Überschrift auf dem Deckblatt und mit den weiteren, ebenfalls auf dem Deckblatt befindlichen Worten "wird folgende Vergütungsvereinbarung geschlossen:" offen auf den Umstand einer Vereinbarung über die Vergütung hingewiesen werde, seien an das Erfordernis des deutlichen Absetzens der eigentlichen Vergütungsvereinbarung im Vertragstext geringere Anforderungen zu stellen. Dabei sei zu beachten, dass § 3a RVG keine Bezeichnung als "Vergütungsvereinbarung" gerade in der Überschrift voraussetze. In der gebotenen Gesamtschau erfülle die Gestaltung der streitgegenständlichen Vergütungsvereinbarung mithin alle Anforderungen des § 3a Abs. 1 S...