Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflichtung zur Einbeziehung einer auf einer Kreuzfahrt zu entrichtenden Servicepauschale in die Gesamtpreisangabe
Leitsatz (amtlich)
1. Die Verpflichtung zur End- bzw. Gesamtpreisangabe nach § 1 I PAngV besteht aus unionsrechtlichen Gründen nur, wenn eine "Aufforderung zum Kauf" vorliegt, und auch nur für solche Preisbestandteile, die "vernünftigerweise im Voraus berechnet werden können".
2. Die Werbung für eine Kreuzfahrt, in der die wesentlichen Leistungsinhalte sowie Mindestpreise genannt werden, stellte eine "Aufforderung zum Kauf" im Sinne von Ziffer 1. dar.
3. Im Fall von Ziffer 2. gehört zu den in den Gesamtpreis einzubeziehenden Preisbestandteilen auch eine in einem bestimmten US-Dollar-Betrag zu entrichtende "Servicepauschale". Eine solche "Servicepauschale" hat nicht allein deswegen optionalen Charakter, weil der Reisende sie nach den Geschäftsbedingungen des Veranstalters nach erfolgloser Reklamation "entsprechend der erfahrenen Urlaubsbeeinträchtigung" reduzieren kann.
Normenkette
UWG § 4 Nr. 11; PAngV § 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 13.03.2014; Aktenzeichen 2-3 O 227/13) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 13.3.2014 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Frankfurt wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es in Ziffer 1) des Tenors statt "Endpreis" heißt: "Gesamtpreis".
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Unterlassungsansprüche wegen der Verletzung von Vorschriften des UWG und der Preisangabenverordnung (PAngV) geltend. Wegen des Sachverhalts wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil der 3. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main verwiesen.
Das LG hat die Beklagte verurteilt, es bei Meidung gesetzlicher Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber dem Letztverbraucher für Schiffsreisen mit der Ankündigung von Preisen zu werben, ohne den jeweiligen Endpreis zu nennen, insbesondere ohne eine obligatorisch erhobene Servicepauschale in den Endpreis einzurechnen, sofern dies geschieht wie in Anlage K 26 wiedergegeben. Ferner ist die Beklagte verurteilt worden, dem Kläger die Abmahnkosten zu erstatten.
Mit der Berufung wirft die Beklagte dem LG vor, den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt und die Vorschriften der Preisangabenverordnung auf diesen Fall fehlerhaft angewendet zu haben. Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren Vorwurf, der Kläger handele rechtsmissbräuchlich, weil er ausschließlich Nichtmitglieder wegen der vermeintlich unkorrekten Angabe der Servicepauschale verfolge. Entgegen der Einschätzung des LG handele es sich bei der Servicepauschale um eine freiwillige Leistung des Reisenden, was sich u.a. aus den auf ihrer Internetseite veröffentlichten "Nützlichen Informationen" (abgedruckt auf Bl. 133 der Akten) ergebe. Das LG habe übersehen, dass die Informationspflichten nach der Preisangabenverordnung ihre Grundlage im Unionsrecht haben müssten. Eine "Aufforderung zum Kauf i.S.v. Art. 2 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (im Folgenden: UGP-Richtlinie) liege hier jedenfalls nicht vor. Im Hinblick auf die Währungsschwankungen zwischen Euro und US-Dollar sei es außerdem nicht möglich, die Servicepauschale vernünftigerweise im Voraus zu berechnen. Dies von der Beklagten zu verlangen, würde sowohl sie als auch die Reisekunden unangemessen benachteiligen, denn beide wären in diesem Fall bereits vor Reiseantritt an die Höhe der Pauschale gebunden, obwohl sich diese wegen der Währungsschwankungen bis dahin noch ändern könne.
Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise das Verfahren auszusetzen und gem. Art. 267 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft zu der Frage einzuholen, ob die Regelung des § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV, soweit es das Anbieten von Leistungen und das Werben für Leistungen unter Angabe von Preisen angeht, mit den Vorgaben von Art. 22 Abs. 1 lit. i, Abs. 3 lit. a Dienstleistungsrichtlinie und Art. 2, 7 Abs. 3, Abs. 4 UGP-Richtlinie vereinbar ist und inwieweit Dienstleistungen und deren Preisdarstellung nach § 1 PAngV nur noch im Lichte des Art. 7 der UGP-Richtlinie ausgelegt werden dürfen, soweit die Regelung der PAngV überhaupt auf einer unionsrechtlichen Grundlage wie der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG vom 12.12.2006 beruht.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass es in Ziffer 1.) des Tenors statt "Endpreis" heißt: "Gesamtpreis".
II. Das Rechtsmitt...