Leitsatz (amtlich)
1. Zur Abgrenzung zwischen Anwalts-und Maklervertrag
2. Zur Erfüllungswirkung einer Vorschusszahlung
Normenkette
BGB §§ 329, 362, 422, 675, 611-612, 652; RVG §§ 1, 10
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 02.09.2010; Aktenzeichen 18 O 73/10) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 2.9.2010 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des LG Essen wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte in Höhe einer Sicher-heitsleistung von 120 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin ist eine Anwaltssozietät in der Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit zwei Gesellschaftern. Die Klägerin verlangt Anwaltshonorar von einer Nichtmandantin unter Berufung auf einen vermeintlichen Schuldbeitritt der beklagten GmbH.
Der Eigentümer eines Grundstücks in F suchte altersbedingt einen Käufer. Der Anwalt des Eigentümers wandte sich an den Gesellschafter Rechtsanwalt M der Klägerin. Rechtsanwalt M wiederum wandte sich an den Versicherungskaufmann E, der Mandant der Klägerin war.
Der vom LG als Zeuge vernommene E äußerte nach seinen Bekundungen gegenüber der Klägerin die "Bitte um Rechtsberatung". Wegen des "Volumens des Geschäfts" sei es ihm ratsam erschienen, den Grundstückserwerb "anwaltlich zu begleiten".
Am 18.6.2009 wurde ein Verkaufsangebot des Grundstückseigentümers an E notariell beurkundet.
Die Klägerin verlangte von E 30.000 EUR "Vorschuss", ohne eine Vorschussrechnung zu fertigen. E entrichtete der Klägerin am 19.6.2009 30.000 EUR. Auf dem Überweisungsträger heißt es: "Kauf Haus F Anzahlung Kauf Haus".
Rechtsanwalt M inserierte das Grundstück in einem Internetportal. Den Kaufpreis bezifferte er mit 675.000 EUR; er gab zur Kontaktaufnahme seine eigene Mobiltelefonnummer an.
Die Beklagte meldete sich und vereinbarte mit Rechtsanwalt M einen Besichtigungstermin. Im Juli 2009 fand eine Verkaufsbesprechung statt, an der E und seine Ehefrau, Rechtsanwalt M sowie die beiden Geschäftsführer der Beklagten teilnahmen. Unter den Parteien ist streitig, ob die Geschäftsführerin der Beklagten dabei erklärte, dass die Beklagte bereit sei, dem Verkäufer E "entstandenen" bzw. die ihm "entstehenden" Anwaltskosten bis zu einem Betrag von 25.000 EUR" nebst Umsatzsteuer zu übernehmen. Nach der Behauptung der Klägerin habe die Geschäftsführerin dies "von sich aus" und "spontan" erklärt.
Die Beklagte einigte sich mit E, das Grundstück zu erwerben. E nahm sodann durch notarielle Urkunde vom 19.8.2009 das Angebot des Grundstückseigentümers an. Als Kaufpreis waren 280.000 EUR vereinbart. Rechtsanwalt M verhandelte dies mit dem Anwalt des Eigentümers.
Mit Schreiben vom 19.8.2009 teilte Rechtsanwalt M der Beklagten mit:
"... aus Anlass unserer Verhandlungen - bezüglich des käuflichen Erwerbes des Grundstücks des Objekts in F - hatten Sie sich bereit erklärt, sich an den Anwalts- und Maklerkosten mit einem Betrag i.H.v. 25.000 EUR nebst Mehrwertsteuer zu beteiligen. Die entsprechende Rechnung ist mit der Bitte um Ausgleich als Anlage beigefügt."
Rechtsanwalt M fügte eine Rechnung über "Makler- und Anwaltskosten" bei, in der er eine "Vergütungsvereinbarung gem. § 4 RVG" über 25.000 EUR sowie Nebenforderungen geltend machte, insgesamt 29.773,80 EUR.
Am 31.8./2.9.2009 schlossen E und die Beklagte einen notariellen Kaufvertrag. Als Kaufpreis vereinbarten sie 675.000 EUR. E wies die Beklagte an, dass der Kaufpreis auf das Konto von Rechtsanwalt M zu zahlen sei. E führte als Grund an, dass er mit der Abrechnung des Anwaltshonorars nichts zu tun haben wolle.
Am 1.9.2009 schrieb Rechtsanwalt M unter dem Betreff "Makler- und Anwaltskosten" die Beklagte erneut an und bat um schriftliche Bestätigung der mündlichen Abrede, dass die Beklagte "Anwalts- und Maklerkosten" i.H.v. 25.000 EUR übernehme.
Später erfuhr die Beklagte, dass E das Grundstück zu einem deutlich niedrigeren Kaufpreis als sie selbst erworben hatte. Mit Anwaltsschreiben vom 21.9.2009 an den Anwalt des ursprünglichen Eigentümers beanstandete die Beklagte dies. Die Beklagte verhandelte mit Rechtsanwalt M vergeblich über die Aufhebung des Kaufvertrags.
Die Beklagte entrichtete den Kaufpreis im Januar 2010 auf das Anderkonto von Rechtsanwalt M. Dieser zahlte 240.000 EUR an den Zeugen E. Nach seinen Bekundungen sollte der Restbetrag auf dem Anderkonto der Klägerin verbleiben, bis Rechtsstreitigkeiten "in Zusammenhang mit diesem Objekt" erledigt seien. Im zweiter Instanz räumt die Klägerin ein, dass keine Rechtsstreitigkeiten geführt wurden; es sei nur eine Feststellungsklage gegen die Beklagte erwogen worden.
Die Beklagte veräußerte das Grundstück ihrerseits durch notariellen Vertrag vom 22.1.2010 weiter.
Die Klägerin erhob Klage auf Zahlung von Anwaltshonorar. Rechtsanwalt M unterzeichnete die Klagesc...