Verfahrensgang
LG Trier (Aktenzeichen 5 O 34/20) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 17.03.2021 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund der Entscheidungen vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 129.162,78 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht.
Die Klägerin hat drei Gesellschafter und wurde im Jahr 2013 gegründet. Die Gesellschafter der Klägerin wandten sich im Vorfeld der Gründung unter anderem an die Handwerkskammer in ...[Z]. Des Weiteren hatten sie jedenfalls in versicherungsrechtlichen Fragen Kontakt zu dem Versicherungsmakler ...[B], der auch einen Kontakt zu der Beklagten herstellte, bei der es sich um eine Sozietät aus Steuerberatern und Rechtsanwälten handelt. Inwieweit die Beklagte im Rahmen der Gründungsphase mandatiert war, ist zwischen den Parteien streitig.
Unstreitig ist, dass die Gesellschafter der Klägerin der Beklagten einen nicht von der Beklagten gefertigten Entwurf eines Gesellschaftsvertrages (Anlage K 4) übersandten. Der Vertrag sah gemäß Ziffer III Nr. 2 eine Beteiligung der Gesellschafter jeweils zu 1/3 vor. Die Beschlussfassung sollte gemäß Ziffer V Nr. 1 mit einfacher Mehrheit erfolgen. Eine Sperrminorität, mit der ein Gesellschafter eine Beschlussfassung gegen seinen Willen hätte verhindern können, war in dem Vertrag nicht vorgesehen. Der Gesellschaftsvertrag wurde am 21.10.2013 beurkundet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen.
Alle drei Gesellschafter sollten auch gleichzeitig Geschäftsführer sein. Die Beklagte entwarf dazu Anstellungsverträge. Weiterhin übernahm die Beklagte die Lohnbuchhaltung für die Klägerin. Dabei wurden die Gesellschafter-Geschäftsführer als selbständig tätig behandelt, weswegen die Beklagte für sie keine Sozialversicherungsbeiträge abführte.
Am 05.02.2014 bat der Zeuge ...[B] die Beklagte einen Fragebogen für die Berufsgenossenschaft auszufüllen und um eine Bestätigung, dass die Gesellschafter-Geschäftsführer sozialversicherungsfrei seien und als Selbständige gelten (vgl. Anlage K 6, Bl. 50 GA/LG). Der Fragebogen wurde von der Beklagten ausgefüllt und unterzeichnet (vgl. Anlage K 8, Bl. 80 GA/LG).
Im Rahmen einer sozialversicherungsrechtlichen Betriebsprüfung führte die ... [B] (nachfolgend: ...) hinsichtlich der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin ein Statusfeststellungsverfahren durch. Da sich abzeichnete, dass die ...[B] zu der Einschätzung gelangen würde, die Tätigkeit der Gesellschafter-Geschäftsführer sei als sozialversicherungspflichtig einzuordnen, wurde am 12.11.2019 (Anlage K 5) der Gesellschaftsvertrag geändert. Danach war eine Beschlussfassung nur noch einstimmig möglich.
Mit Bescheid vom 06.12.2019 forderte die ...[B] von der Klägerin für die drei Gesellschafter-Geschäftsführer nachzuentrichtende Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 258.325,55 EUR. Am 18.02.2019 stellte die ...[B] fest, dass die Gesellschafter-Geschäftsführer - nach Änderung des Gesellschaftsvertrages - ab dem 18.11.2019 als sozialversicherungsfrei anzusehen seien.
Die Klägerin hat gegen den Bescheid der ...[B] erfolglos Widerspruch eingelegt und im Anschluss Klage beim Sozialgericht ...[Z] erhoben und beantragt, den Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides aufzuheben. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe im Rahmen des ihr erteilten Mandates ihre Pflichten verletzt. Die Beklagte sei bereits im Zusammenhang mit ihrer Gründung mit einer rechtlichen Beratung beauftragt gewesen. Ihre Gesellschafter hätten deutlich gemacht, dass sie sozialversicherungsfrei tätig sein wollten. Der Vertrag habe aber nicht die dafür erforderliche Sperrminorität aufgewiesen, was der Beklagten hätte bekannt sein und worüber die Beklagte sie hätte aufklären müssen. Zudem habe die Beklagte sie auch nicht darauf hingewiesen, dass zur eindeutigen Klärung der Sozialversicherungspflicht die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens veranlasst gewesen sei. Diese Möglichkeit sei ihnen bis August 2019 unbekannt gewesen. Es gehöre zu den Pflichten eines Steuerberaters, der mit der Lohnbuchhaltung beauftragt sei, zu prüfen, ob für einen Arbeitnehmer, für den keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt würden, eine Befreiung von der Sozialversicherungspflicht in Betracht komme. Im Rahmen des erteilten Dauermandates sei die Beklagte zudem verpflichtet gewesen, sie auch ungefragt übe...