Leitsatz (amtlich)
1. Die Verrohrung eines Baches (Gewässer i.S. von WHG und LWG'en) stellt zwar eine "Anlage" dar, dient aber im Regelfall wasserwirtschaftlichen Zwecken, auch wenn diese Maßnahme dem jeweiligen Grundstück zu Gute kommt. Daher trifft die Unterhaltungslast wie auch die Verkehrssicherungspflicht für Verrohrung und Einlaufbauwerk ausschließlich die entsprechende gewässerunterhaltungspflichtige öffentlich-rechtliche Körperschaft. Eine Anlagenverantwortlichkeit des jeweiligen Grundstückeigentümers greift in diesen Fällen einer reinen Bach-Verrohrung grundsätzlich nicht ein.
2. Das in den Wassergesetzen der Länder vorgesehene Verfahren zur Klärung wasserrechtlicher Verantwortlichkeiten (hier § 41 LWG RP) stellt kein obligatorischen Vorverfahren vor einer Zivilklage (Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, Schadensersatz) dar.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 1 O 201/16) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 3. November 2016 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz mit dem zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben.
Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz des Schadens infolge der Überschwemmung ihres Grundstücks am 10. August 2015 ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
Im Übrigen wird das Verfahren an das Landgericht Koblenz gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 4 zurückverwiesen.
Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren bleibt der abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin betreibt einen Gewerbebetrieb auf den in ihrem Eigentum stehenden Grundstück in der W Straße in N. Unter dem Grundstück verläuft der W bach, bei dem es sich um ein Gewässer dritter Ordnung handelt, durch dafür angelegte Rohre. Unmittelbar am Rohreingang hat die Beklagte in den 60er Jahren ein Metallgitter angebracht. Der W bach ist in N zumindest in Teilbereichen weiter verrohrt.
Am 10. August 2015 waren infolge starker Regenfälle Unrat, Bauteile, Holzstücke usw. angeschwemmt worden. Dies führte dazu, dass das Wasser nicht mehr durch das zugesetzte Metallgitter in die Verrohrung fließen konnte. Dadurch kam es zu einer Überschwemmung auf dem Grundstück der Klägerin.
Die Klägerin hat vorgetragen,
bei Regelfällen staue sich vor dem Gitter regelmäßig Baumholz und jede Menge Unrat. Dies sei der Beklagten bekannt, ohne dass sie geeignete Maßnahmen ergriffen hätte, um dies zu verhindern. Wenn die Beklagte in Eigenverantwortung ein Gitter anbringe, müsse sie dafür Sorge tragen, dass der Durchfluss nicht gefährdet sei. Ihr sei durch die Überschwemmung ein Schaden in Höhe von 58.020,73 EUR entstanden. Darüber hinaus sei der Firma A N, die ebenfalls einen Wasserschaden erlitten habe, ein Schaden in Höhe von 6.862,30 EUR entstanden. Die Firma A N habe den Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte an sie (Klägerin) abgetreten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte kostenpflichtig zu verurteilen, an sie (Klägerin) 64.883,03 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.10.2015 zu zahlen sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.954,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.10.2015.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen,
sie sei nicht unterhaltungspflichtig für das Rohr einschließlich des Metallgitters gewesen. Die Verrohrung sei erfolgt, damit das Grundstück der Klägerin uneingeschränkt genutzt werden könne, weshalb die Klägerin für die Unterhaltung selbst verantwortlich gewesen sei. Am 10. August 2015 habe es ein Unwetter mit erheblichem Starkregen gegeben. Dabei habe es sich jedenfalls um höhere Gewalt gehandelt. Die Überschwemmung sei daher nicht vermeidbar gewesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Verletzung einer Amtspflicht nicht vorliege. Die Verrohrung ("Tunnel") einschließlich des Metallgitters seien objektiv geeignet, sich positiv auf die Grundstücksnutzung der Klägerin auszuwirken. Die Verrohrung komme der Klägerin als Eigentümerin des darüber liegenden Grundstücks zugute. Daher sei sie für diese Anlage (Verrohrung) unterhaltungspflichtig. Diese Unterhaltungsverpflichtung verdränge die Gewässerunterhaltungspflicht der Beklagten. Damit treffe die Beklagte weder eine Unterhaltungspflicht für den Bereich der Verrohrung noch für das vor der Verrohrung eingesetzte Gitter.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die unter Intensivierung ihres bisherigen Vorbringens vor allem zu dem nicht feststellbaren Nutzen der Verrohrung für ihr Grundstück vorträgt und insbesondere auch auf die Verantwortung der Beklagten für das Gitter und die Zusetzung durch Unrat desselben hinweist.
Sie beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Koblenz vom 03.11.2016, die Beklagte kostenpflichtig zu verurteilen, an die Klägerin 64.883,03 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.10.2015 zu zahlen, so...