Verfahrensgang
LG Bonn (Beschluss vom 22.05.2015; Aktenzeichen 33 T 128/15) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde vom 03.07.2015 gegen den Beschluss des LG Bonn vom 22.05.2015 - 33 T 128/15 - wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten trägt die Rechtsbeschwerdeführerin. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 2.500 EUR wegen Nichteinreichung der Rechnungslegungsunterlagen 2012 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Sie rügt im Kern, dass die Anwendung der für "Kapitalgesellschaften" geltenden Vorschriften in §§ 325, 335 HGB auch auf sie als Unternehmergesellschaft i.S.d. § 5a GmbHG (UG) gegen den Grundsatz "nulla poena sine lege" aus Art. 103 Abs. 2 GG verstoße. In den speziellen Vorschriften zur Offenlegung von Jahresabschlüssen von Kapitalgesellschaften habe die UG - ungeachtet der Vorstellungen des historischen Gesetzgebers - keine gesonderte Regelung gefunden. Die Überschrift des Zweiten Abschnitt des Dritten Buches des HGB ["Ergänzende Vorschriften für Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung) sowie bestimmte Personenhandelsgesellschaften"] lasse eine Anwendung auf die UG nicht erahnen. Eine analoge Anwendung der Vorschriften scheide aus; vielmehr hätte sich aus dem Wortlaut etwa der §§ 328, 334 Abs. 1 Nr. 5 HGB die Strafbarkeit der UG und ihres gesetzlichen Vertreters entnehmen lassen müssen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift vom 22.08.2014 (Bl. 2 f. d.A.), den Schriftsatz vom 03.03.2015 (Bl. 16 f. d.A.) die Rechtsbeschwerdebegründung vom 02.08.2015 (Bl. 42 ff. d.A.) und den auf Hinweis des Senats eingegangenen weiteren Schriftsatz vom 07.10.2015 (Bl. 56 ff. d.A.) Bezug genommen.
Das LG hat in der angegriffenen Entscheidung vom 22.05.2015, auf die ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 18 ff. d.A.), die Beschwerde gegen die angegriffene Ordnungsgeldentscheidung vom 06.08.2014 zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerdeführerin sei als Unternehmergesellschaft i.S.d. § 5a GmbHG "Kapitalgesellschaft" und gemäß §§ 264 ff. HGB zur Erstellung eines Jahresabschlusses und gemäß §§ 325 ff. HGB dann auch zur Offenlegung desselben verpflichtet. Es lege auch keine Regelungslücke vor, denn die Unternehmergesellschaft sei keine eigene Rechtsform unterhalb der GmbH, sondern eine Rechtsformvariante der GmbH. Dementsprechend bedürfe es auch keiner Änderung/Ergänzung der Überschrift des Zweiten Abschnitt des Dritten Buches des HGB.
Mit der vom LG zugelassenen Rechtsbeschwerde, die am 03.07.2015 beim Oberlandesgericht Köln eingegangen ist und am 05.08.2015 in der antragsgemäß verlängerten Frist begründet worden ist, wendet sich die Beschwerdeführerin unter Vertiefung ihres Vorbringens gegen die ihr am 03.06.2015 bekannt gemachte Entscheidung.
Der Rechtsbeschwerdeführer beantragt, die Ordnungsgeldentscheidung des Bundesamts für Justiz (bfJ) - EHUG 00065518/2014-01/02 vom 06.08.2014 und den Beschluss des LG Bonn vom 22.05.2015 - 33 T 128/15 aufzuheben.
Der Senat hat mit Beschluss vom 10.08.2015 angeordnet, dass ohne Erörterung in einem Termin im schriftlichen Verfahren entschieden werden soll.
II. Die am 03.07.2015 per Fax vorab eingereichte Rechtsbeschwerde ist statthaft und auch in der gesetzlichen Form und (verlängerten) Frist begründet. Der Senat ist an die - hier nicht begründete - Zulassungsentscheidung des LG gebunden, § 335a Abs. 3 S. 2 HGB i.V.m. § 70 Abs. 2 S. 2 FamFG.
Sie bleibt indes - worauf bereits mit Beschluss des Senats vom 10.08.2015 hingewiesen worden ist - in der Sache ohne Erfolg.
Diese Lesart des LG ist zutreffend. Zwar ist wegen des auch repressiven, strafähnlichen Charakters der Ordnungsgeldfestsetzung in der Tat der sachliche Anwendungsbereich des Art. 103 Abs. 2 GG betroffen (vgl. BVerfG v. 09.01.2014 - 1 BvR 299/13, NZG 2014, 460 Tz. 13). Auch kann die Beschwerdeführerin als inländische juristische Person des Privatrechts sich auf dieses grundrechtsgleiche Recht berufen. "Analogie" ist dabei nicht nur im engeren technischen Sinne zu verstehen. Ausgeschlossen ist vielmehr jede Rechtsanwendung, die über den Inhalt einer gesetzlichen Sanktionsnorm hinausgeht. Da Gegenstand der Auslegung gesetzlicher Bestimmungen immer nur der Gesetzestext sein kann, erweist dieser sich hierbei als maßgebendes Kriterium: Der mögliche Wortsinn des Gesetzes markiert die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation. Wenn Art. 103 Abs. 2 GG die Erkennbarkeit und Vorhersehbarkeit der Strafandrohung für den Normadressaten verlangt, kann das nur bedeuten, dass dieser Wortsinn aus der Sicht des Bürgers zu bestimmen ist (BVerfG v. 04.09.2009 - 2 BvR 338/09, StraFo 2009, 526). Gemessen daran bestehen hier aber keine verfassungsrechtlichen Bedenken: Dass den Anforderungen aus Art. 103 Abs. 2 GG mit Blick auf die (normale) GmbH Genüge geleistet worden ist, zieht auch die Rechtsbeschwerde selbst nicht in Zw...