Tenor

Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, seine Berufung gegen das am 27.03.2023 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 16 O 43/21 - gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 18.09.2023.

 

Gründe

I. Die zulässige Berufung ist nach übereinstimmender Auffassung des Senats nach dem gegebenen Sachstand offensichtlich unbegründet.

Das Landgericht ist zu Recht und mit zutreffender Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger gegenüber den Beklagten kein Anspruch aus §§ 143 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO zusteht, da es zumindest am Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin fehlt.

Zu den Beweisanzeichen, die für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung sprechen, zählt die erkannte Zahlungsunfähigkeit. Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Regel auch mit Benachteiligungsvorsatz (vgl. BGH, Urt. v. 06.05.2021, IX ZR 72/20, zitiert nach juris Rn. 13).

Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des §17Abs. 2S.1 InsO ist die Aufstellung einer Liquiditätsbilanz entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung nach § 17Abs. 2 Satz 2 InsO die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet . Kennen Schuldner und Anfechtungsgegner Tatsachen, aus denen sich bei zutreffender rechtlicher Würdigung die Zahlungseinstellung des Schuldners mit der nach §286 ZPO notwendigen Gewissheit ergibt, kennen sie damit nach der bisherigen Rechtsprechung auch die Zahlungsunfähigkeit (vgl. BGH a.a.O. Rn. 14.).

Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner außerstande ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen zu genügen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten für eine Zahlungseinstellung aus. Das gilt selbst dann, wenn tatsächlich noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen. Selbst die Nichtzahlung einer einzigen Verbindlichkeit kann eine Zahlungseinstellung begründen, wenn die Forderung von insgesamt nicht unbeträchtlicher Höhe ist (vgl. BGH, NZI 2018, 34 Rn. 12 mwN). Eigene Erklärungen des Schuldners, fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können, deuten ebenfalls auf eine Zahlungseinstellung hin, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte versehen sind (vgl. BGH, Urt. v. 06.05.2021, IX ZR 72/20, zitiert nach juris Rn. 15).

Die Annahme einer Zahlungseinstellung setzt auch nicht die Feststellung der genauen Höhe der gegen den Schuldner bestehenden Forderungen oder gar einer Unterdeckung von mindestens 10 vom Hundert voraus (vgl. BGH a.a.O. Rn. 25).

Soweit die Rechtsprechung bisher angenommen hatte, dass ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz handelt, kann nach der Neuausrichtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr allein darauf abgestellt werden, dass der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit kannte. Danach kann der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nicht allein daraus abgeleitet werden, dass der Schuldner im Zeitpunkt der Rechtshandlung nicht in der Lage ist, sämtliche Gläubiger zu befriedigen.

Von entscheidender Bedeutung für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz ist vielmehr, dass der Schuldner weiß oder jedenfalls billigend in Kauf nimmt, dass er seine (übrigen) Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen können wird.

Dies kann aus der im Moment der Rechtshandlung gegebenen Liquiditätslage nicht in jedem Fall mit hinreichender Gewissheit abgeleitet werden. Die gegenwärtige Zahlungsunfähigkeit allein spricht für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz im hier verwendeten Sinne, wenn sie ein Ausmaß angenommen hat, das eine vollständige Befriedigung der übrigen Gläubiger auch in Zukunft nicht erwarten lässt, etwa deshalb, weil ein Insolvenzverfahren unausweichlich erscheint. Allein aus einer erkannten drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kann nicht mehr auf die subjektiven Voraussetzungen des §133 Abs. 1 InsO geschlossen werden (vgl. BGH a.a.O. Rn. 30, 35, 36).

Entscheidend ist die am Beweismaß des §286ZPOzu messende, in umfassender und widerspruchsfreier Würdigung des Prozessstoffs zu gewinnende Überzeugung, der Schuldner könne aus Mangel an liquiden Zahlungsmitteln nicht zahlen.

Zahlungsverzögerungen allein, auch wenn sie wiederholt auftreten, reichen dafür häufig nicht. Es müssen dann Umstände hinzutreten, die mit hinreichender Gewissheit dafürsprechen, dass die Zahlungsverzögerung auf der fehlenden...

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