Leitsatz (amtlich)

Berechnet ein Luftfahrtunternehmen den Preis für einen von ihm angebotenen Flug (hier: von London nach Stuttgart) in Britischen Pfund, so besteht grundsätzlich keine Verpflichtung, gegenüber Verbrauchern in Deutschland den Preis in Euro anzugeben.

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 11; Luftverkehrsdiensteverordnung EGVO 1008/2008 Art. 23 Abs. 1 Fassung: 2008-09-24

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 22.04.2015; Aktenzeichen 84 O 2/15)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 27.04.2017; Aktenzeichen I ZR 209/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22.4.2015 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Köln - 84 O 2/15 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO) I.

Die Klägerin ist als qualifizierte Einrichtung klagebefugt nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG. Die Beklagte zählt zu den größten zivilen Fluganbietern in Deutschland.

Der Zeuge H. suchte am 1.9.2014 von Deutschland aus nach einem Flug von London nach Stuttgart. Den Hinflug hatte er bereits zu einem früheren Zeitpunkt gebucht. Er rief die Internetseite der Beklagten www.germanwings.de auf, wo ihm ein Flug von London-Stanstead nach Stuttgart angeboten wurde. Der Preis war in britischen Pfund (GBP) angegeben. Im Anschluss an die Buchung erhielt er eine Rechnung, in der der Flugpreis und weitere Kosten in GBP ausgewiesen waren.

Die Klägerin hat hierin einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung gesehen, da der Preis in Euro ausgewiesen werden müsse.

Die Klägerin hat beantragt, der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, im Internet Verbrauchern in Deutschland die Buchung und Bezahlung von Flügen anzubieten, wie aus dem Anlagenkonvolut K 12 (Bl. 29-45 d.A., auf die verwiesen wird) ersichtlich, wenn dabei der Flugpreis in der ausländischen Währung statt in Euro angegeben wird.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Angabe des Preises in GBP sei zulässig. Maßgeblich sei der "Abschlussmarkt", der für Flüge aus Großbritannien in diesem Land liege. Dementsprechend würden für vergleichbare Flüge auch ihre Wettbewerber die Preise in GBP ausweisen.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und zur Begründung ausgeführt, bei einem Vertrag für in Deutschland angebotene Dienstleistungen deutscher Unternehmen sei der Preis in Euro anzugeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des LG verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Beklagte weiter das Ziel der Klageabweisung. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere habe das LG nicht berücksichtigt, dass der geschuldete Preis in GBP ausgewiesen sei und daher auch als der allein maßgebliche Preis anzugeben sei.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des LG unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Insbesondere trägt sie vor, auf den Beförderungsvertrag sei nach Art. 5 Abs. 2 S. 1 Rom I-VO deutsches Recht anwendbar, so dass auch die Preise in der deutschen Landeswährung anzugeben seien.

II. Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der vom LG angenommene Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 6 S. 1 PAngV liegt nicht vor.

1. Maßgeblich ist nicht § 1 PAngV, sondern Art. 23 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.9.2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft (Luftverkehrsdiensteverordnung). Hierbei handelt es sich um eine Spezialregelung, die in ihrem Anwendungsbereich Vorrang sowohl vor der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (Richtlinie 2005/29/EG) wie auch vor den Bestimmungen der Preisangabenverordnung hat (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, Vorb PangV Rn. 16). Nach dieser Bestimmung ist der zu zahlende Endpreis stets auszuweisen und muss den anwendbaren Flugpreis beziehungsweise die anwendbare Luftfrachtrate sowie alle anwendbaren Steuern und Gebühren, Zuschläge und Entgelte, die unvermeidbar und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vorhersehbar sind, einschließen. Neben dem Flugpreis sind anzugeben Steuern, die Flughafengebühren und die sonstigen Gebühren, Zuschläge und Entgelte, wie etwa diejenigen, die mi...

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