Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustandekommen eines Darlehensvertrages zwischen einer GmbH und einem stillen Gesellschafter. Rückforderung des Darlehens in der Krise der Gesellschaft. Anforderungen an die Feststellung des Erlasses der Darlehensforderung
Leitsatz (redaktionell)
Der Erlass einer Forderung i.S. von § 397 BGB setzt den unmissverständlichen rechtsgeschäftlichen Willen voraus, auf die Forderung zu verzichten. Der konkludente Erlass erfordert ein unzweideutiges Verhalten, das vom Erklärungsgegner als Aufgabe des Rechts verstanden werden kann. Das bloße Unterlassen einer Mahnung und der Einforderung offener Forderungen reicht hierfür nicht aus.
Normenkette
GmbHG § 30 Abs. 1 S. 3; EGInsO Art. 103d; BGB § 397
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 30.07.2009; Aktenzeichen 16 HKO 21336/08) |
Tenor
I. Die Berufungen der Beklagten zu 1) und des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 30.7.2009 werden zurückgewiesen.
II. Die Widerklage der Beklagten zu 1) und die Zwischenfeststellungswiderklage des Streithelfers werden als unzulässig verworfen.
III. Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 3 %, die Beklagte zu 1) 21 % und der Streithelfer 76 %.
Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens des Klägers tragen die Beklagte zu 1) zu 21 %, der Streithelfer zu 76 %, i.ü. der Kläger selbst.
Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens der Beklagten zu 1) tragen der Kläger zu 14 %, i.ü. die Beklagte zu 1) selbst.
Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens der Beklagten zu 2) trägt der Kläger.
Die Kosten des Streithelfers tragen der Kläger zu 3 %, i.ü. der Streithelfer selbst.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 426.998,58 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I. Gemäß § 540 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, soweit sich aus den nachfolgenden Ausführungen nichts anderes ergibt.
Der Kläger macht gegen die Beklagten zu 1) und 2) Rückzahlung von Darlehensverbindlichkeiten für die Zeit vom 30.12.2006 bis 31.1.2009 in Höhe von 49.081,09 EUR sowie Zahlungen aus einer behaupteten mündlichen Vereinbarung vom 14.5.2007 für den Zeitraum von Mai 08 bis November 08 monatlich 2000,– EUR (gesamt 14.000,– EUR) sowie einen Feststellungsantrag zur Zahlung hierzu geltend. Das Erstgericht hat der Zahlungsklage auf Darlehensrückzahlung in Höhe von 32.314,36 EUR nebst Zinsen gegen die Beklagte zu 1) stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten zu 1), die insgesamt Klageabweisung begehrt.
Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen das Ersturteil, soweit seinem Zahlungsanspruch in Höhe von 14.000,– EUR gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) nicht stattgegeben wurde.
Im Berufungsverfahren trat Herr Johann Georg F. dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten als Streithelfer bei; der Kläger erhob hiergegen keine Einwände (vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 30. Aufl., § 71 Rz. 1).
Die Beklagten sowie der Streithelfer stellen sodann im Berufungsverfahren erstmals weitere neue Anträge.
1. Berufung der Beklagten zu 1):
1.1 Die Beklagte zu 1) und der Streithelfer bestreiten nunmehr die Existenz eines Darlehensvertrags zwischen der M. S. GmbH und dem Kläger. Aus dem Darlehensvertrag mit dem Bankhaus M.F. KG sei nur der Kläger, nicht aber die Beklagte zu 1) verpflichtet worden.
Auch werde die Auszahlung des Darlehens über 300.000,– EUR bestritten.
1.2 Dem Darlehensrückzahlungsanspruch des Klägers stehe auch seine qualifizierte Rangrücktrittsvereinbarung vom 22.12.2007 (Anlage B1) entgegen. Die Forderungshöhe des Klägers betrage nicht 405.462,33 EUR, sondern lediglich 343.168,48 EUR.
Bei einer Klageforderung von 49.081,09 EUR würde daher zumindest ein Teil der geltend gemachten Forderung in das „Rangrücktrittsvolumen” des Klägers von 300.000,– EUR hinreichen, nämlich 5.912,61 EUR.
1.3 Dem Anspruch des Klägers stehe auch die Einrede des kapitalersetzenden Darlehens aus §§ 30, 31, 32 a GmbHG a. F. analog, 172 a HGB a. F. entgegen.
Gemäß der Rechtsprechung hierzu sei das gesamte behauptete Guthaben des Klägers von 405.462,33 EUR als Eigenkapital gebunden. Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26.1.2009 (III ZR 260/07 = BGHZ 179/249), ergebe sich die Anwendbarkeit des alten Rechts auf den vorliegenden Altfall bereits aus der Überleitungsvorschrift in Artikel 103 d EGInsO. Das durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (nachfolgend „MoMiG” genannt) neu in das GmbHG eingeführte „Nichtanwendungsgesetz” des § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n. F. stehe deshalb nicht entgegen.
1.4 Der Kläger habe durch Nichtgeltendmachung der Rü...