Normenkette
BGB §§ 249, 502 Abs. 1, 2 S. 2, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1
Verfahrensgang
LG Ravensburg (Urteil vom 01.06.2021; Aktenzeichen 2 O 452/20) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 01.06.2021, Az. 2 O 452/20, abgeändert:
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Den Streitwert für das Berufungsverfahren hat der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 16.02.2022 im Einverständnis mit den Parteivertretern auf bis 44.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 15.06.2021 - 2 O 452/20 - mit dem es sie zur Rückzahlung von Vorfälligkeitsentschädigungen verurteilt hat.
Die Parteien schlossen im Januar 2018 einen als "Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag" überschriebenen - grundschuldbesicherten - Vertrag (Anl. K1) über eine Darlehenssumme von 530.000 EUR zu einem bis zum 31.12.2027 gebundenen Sollzins von 1,25 %, für den sie eine monatliche Annuität von 1.800 EUR vereinbarten.
Über die Möglichkeiten und Modalitäten vorzeitiger Rückzahlung enthielt der Vertrag folgende Angaben:
"7 Vorzeitige Rückzahlung
Der Darlehensnehmer kann seine Verbindlichkeiten im Zeitraum der Sollzinsbindung nur ganz oder teilweise vorzeitig erfüllen, wenn ein berechtigtes Interesse des Darlehensnehmers besteht. Im Fall der vorzeitigen Rückzahlung fällt eine Vorfälligkeitsentschädigung nach Ziffer 8 an.
8 Angabe zur Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung (Ablöseentschädigung)
Im Fall der vorzeitigen Rückzahlung (vgl. Ziffer 7 dieses Vertrages) oder im Fall der außerordentlichen Kündigung auf der Grundlage eines berechtigten Interesses (vgl. Ziffer 8 Satz 2 der Allgemeinen Bedingungen für Kredite und Darlehen) hat der Darlehensnehmer der Bank denjenigen Schaden zu ersetzen, der dieser aus der vorzeitigen Rückzahlung entsteht.
Der Berechnung dieses Schadens wird der Darlehensgeber die vom Bundesgerichtshof für zulässig befundene Aktiv-Passiv-Berechnungsmethode zugrunde legen, welche davon ausgeht, dass die durch die Rückzahlung frei gewordenen Mittel laufzeitkongruent in Hypothekenpfandbriefen angelegt werden.
Der Zinsverschlechterungsschaden als der finanzielle Nachteil aus der vorzeitigen Darlehensablösung, das heißt, die Differenz zwischen dem Vertragszins und der Rendite von Hypothekenpfandbriefen mit einer Laufzeit, die der Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens entspricht. Die Differenz zwischen dem Vertragszins des abzulösenden Darlehens und der Hypothekenpfandbriefrendite ist um angemessene Beträge sowohl für ersparte Verwaltungsaufwendungen als auch für das entfallene Risiko des abzulösenden Darlehens zu kürzen. Die auf der Grundlage der so ermittelten Nettozinsverschlechterungsrate für die Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens sich ergebenden Zinseinbußen werden dann auf den Zeitpunkt der Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung abgezinst. Dabei wird auch hier der aktive Wiederanlagezins, das heißt, die Renditelaufzeit kongruenter Hypothekenpfandbriefe zugrunde gelegt.
Daneben wird der Darlehensgeber ein angemessenes Entgelt für den mit der vorzeitigen Ablösung des Darlehens verbundenen Verwaltungsaufwand verlangen.
Ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ist ausgeschlossen, wenn die Rückzahlung aus den Mitteln einer Versicherung bewirkt wird, die aufgrund einer entsprechenden Verpflichtung im Darlehensvertrag abgeschlossen wurde, um die Rückzahlung zu sichern oder im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind."
Nachdem die Beklagte auf eine erste Anfrage der Kläger über Ablösekonditionen bereits am 03.08.2018 eine Berechnung übersandt hatte, wonach zu diesem Zeitpunkt eine Vorfälligkeitsentschädigung (nachfolgend: VFE) von 15.951,74 EUR anfiele (Anl. K2), forderte sie für die tatsächlich erst ca. ein Jahr später anstehende vorzeitige Rückzahlung des Darlehens zum 30.10.2019 eine mit Berechnung vom 29.07.2019 erläuterte Vorfälligkeitsentschädigung von 43.783,27 EUR (Anl. K3). Streitig ist, ob die Zahlung dieses mit vorliegender Klage zurückgeforderten Betrages letztlich unter Vorbehalt erfolgte.
Die Kläger, die sich mit der Begründung nur hilfsweise auf eine fehlerhafte Berechnung infolge der Zugrundelegung unzureichender Parameter berufen, weil eine Alternativanlage des vorzeitig zurückgezahlten Betrages zu 0,75 % Zinsen mit einem Ertrag von 31.003,53 EUR möglich gewesen wäre, fordern den Gesamtbetrag mangels ausreichender Angaben zur VFE im Darlehensvertrag zurück.
Das Landgericht hat der...