Leitsatz (amtlich)
1. § 13 Absatz 1 Satz 1 TMG wird durch die Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung verdrängt.
2. Artikel 80 DSGVO enthält keine abschließende Regelung über die Rechtsdurchsetzung von Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung. Wettbewerbsverbände sind gemäß § 8 Absatz 3 Nr. 2 UWG i.V.m. § 8 Absatz 1 und § 3a UWG befugt, solche Verstöße gegen Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung geltend zu machen, bei denen es sich um Marktverhaltensregelungen handelt.
3. Die Informationspflichten aus Artikel 13 Absatz 1 lit. a, c und Absatz 2 lit. b, d und e DSGVO stellen Marktverhaltensregelungen dar.
Normenkette
DSGVO § 13; TMG § 13; UWG § 8 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4; ZPO § 310
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 20.05.2019; Aktenzeichen 35 O 68/18 KfH) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 20. Mai 2019 - Az. 35 O 68/18 KfH - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wie folgt abgeändert:
1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht in jedem Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr mit dem Verbraucher betreffend Kraftfahrzeugzubehör
eine Website/Homepage selbst oder durch Dritte zu unterhalten, auf der zu geschäftlichen Zwecken personenbezogene Daten erhoben werden, ohne dass eine Datenschutzerklärung nach Artikel 13 Absatz 1 und 2 Datenschutz-Grundverordnung der EU (DSGVO 2016/679) vom 27. April 2016 in deren Geltungsbereich vorgehalten wird,
jeweils wie nachstehend wiedergegeben:
≪es folgt die Abbildung eines Angebotes bei eBay ≫
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen werden gegeneinander aufgehoben.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Vollstreckungsschuldnerin kann die Vollstreckung aus Ziffer I.1 der Entscheidungsformel (Unterlassung) durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 2.000,00 Euro abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen kann die Vollstreckungsschuldnerin die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird im Umfang der Verurteilung des Beklagten zugelassen.
Streitwert in beiden Rechtszügen:
20.000,00 Euro (Haupt- und Hilfsantrag je 10.000,00 Euro)
Gründe
A Der Kläger, ein Wirtschaftsverband, verlangt vom Beklagten, es zu unterlassen, im Internet ein Angebot ohne bestimmte Informationen zum Datenschutz vorzuhalten.
Wegen des Sachverhalts wird auf die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.
Zusammenfassend: Der Beklagte bot am 16.07.2018 als gewerblicher Händler auf der Internethandelsplattform eBay Reifen zum Sofortkauf an. Neben seiner Firma gab er seine Postanschrift, Telefonnummer, Faxnummer und E-Mail-Adresse an. Eine Erklärung zum Datenschutz hielt er nicht vor. Die aus diesen Grünen ausgesprochene Abmahnung des Klägers blieb erfolglos.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. § 13 TMG, auf den der Hauptantrag gestützt werde, habe keinen Anwendungsbereich mehr. Auch der auf die Datenschutz-Grundverordnung gestützte Hilfsantrag sei unbegründet. Durch Artikel 80 Absatz 2 DSGVO komme zum Ausdruck, dass der europäische Gesetzgeber eine eigenmächtige Verfolgung von Verstößen durch Dritte nur zulassen wolle, wenn die in der Norm genannten Voraussetzungen erfüllt seien und der nationale Gesetzgeber dies geregelt habe. Der deutsche Gesetzgeber habe von der Ermächtigung in Artikel 80 Absatz 2 DSGVO keinen Gebrauch gemacht. Aufgrund der abschließenden Regelung der Datenschutz-Grundverordnung stünden dem Kläger auch keine Unterlassungsansprüche nach dem UKlaG zu.
Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers. § 13 TMG habe weiterhin Bestand. Die Vorschrift diene der Umsetzung der Richtlinie 2002/58/EG, die einen anderen Anwendungsbereich als die Datenschutz-Grundverordnung habe. Hilfsweise ergebe sich der Anspruch aus der Datenschutz-Grundverordnung, die kein abgeschlossenes Sanktionensystem enthalte.
Der Kläger beantragt,
das am 20. Mai 2019 verkündete Urteil des Landgerichts Stuttgart (Az. 35 O 68/18 KfH) abzuändern und dem Beklagten aufzugeben, es bei Vermeidung eines vom Gericht in jedem Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,
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