Viele Onlinehändler entscheiden sich dafür, ihre Produkte über Amazon zu vertreiben. Allerdings machen sich nur die wenigsten Unternehmer bereits im Vorfeld Gedanken über die umsatzsteuerlichen Konsequenzen. Amazon bietet verschiedene Verkaufsmodelle und diverse Versandmodelle an, die zu unterschiedlichen steuerlichen Ergebnissen führen können.
3.1 Verkaufsmodelle
3.1.1 Verkauf und Versand durch Amazon
Dieser Fall stellt die einfachste Variante da, da 2 getrennte Vertragsverhältnisse vorliegen. Der Unternehmer verkauft seine Ware im ersten Schritt an Amazon. Anschließend veräußert und versendet Amazon die Produkte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung an den Endkunden.
Verkauf und Versand durch Amazon
Der Onlinehändler O hat seinen Sitz in Berlin. Er verkauft seine Ware an ein deutsches Amazon Warenlager.
Da sich der Verkauf der Ware vollständig im Inland abspielt und es sich um 2 deutsche Unternehmer i.S.d. UStG handelt, unterliegt die Lieferung der deutschen Umsatzsteuer.
3.1.2 Verkauf über den Amazon Marketplace
Amazon bietet dem Onlinehändler die Möglichkeit, seine Waren auf eigenen Namen und auf eigene Rechnung über den Amazon Marketplace zu veräußern. Amazon stellt in diesem Fall lediglich die Verkaufsplattform zur Verfügung.
3.2 Versandmodelle
Entscheidet sich der Unternehmer für den Verkauf über den Amazon Marketplace, kann er zwischen verschiedenen Versandmodellen wählen. Die unterschiedlichen Versandmodelle können untergliedert werden in den Versand, der durch den Unternehmer selbst erfolgt und in den Versand, der durch Amazon erfolgt.
Im Folgenden werden die einzelnen Optionen und ihre steuerlichen Konsequenzen dargestellt.
3.2.1 Der Versand erfolgt über den Unternehmer selbst
Dieses Modell wird "Fulfillment by Merchant (FBM)" genannt. Der Verkäufer behält die vollständige Kontrolle über den Verkauf, da er die Themen Lagerung, Versand, Kundenservice etc. selbst abbildet. Die Ware wird dementsprechend bei dem Unternehmen selbst, also in Deutschland, gelagert. Die umsatzsteuerliche Würdigung dieses Falls hängt von der Art der Empfängergruppe sowie vom Sitz des Empfängers ab. Aus diesem Fall lassen sich 4 typische Fallbeispiele konstruieren:
Der Leistungsempfänger ist eine Privatperson oder ein Unternehmer in Deutschland
Verkauf an Leistungsempfänger im Inland
Der Onlinehändler O verkauft aus seinem Warenlager in Berlin Fahrräder an einen Privatkunden oder einen Unternehmer aus Köln.
Da sich die Lieferung ausschließlich im Inland abspielt unterliegt sie der deutschen Regelbesteuerung mit 19 % Umsatzsteuer.
Der Leistungsempfänger ist eine Privatperson im EU-Ausland
In diesem Fall gibt es, je nach Ausgangssituation des deutschen Unternehmers, mehrere Optionen.
Variante 1: Die OSS-Lieferschwelle i.H.v. 10.000 EUR wurde noch nicht überschritten
Lieferschwelle wird unterschritten
Der Onlinehändler O verkauft im Jahr 2023 aus seinem Warenlager in Berlin Fahrräder i. H. v. 2.000 EUR netto nach Spanien und Fahrräder i.H.v. 3.000 EUR netto nach Italien.
Die Höhe der Lieferungen ins EU-Ausland beträgt 5.000 EUR. Damit ist die Lieferschwelle, die das OSS-Verfahren vorschreibt (10.000 EUR) unterschritten. Soweit der Onlinehändler sich nicht freiwillig für die Teilnahme am OSS-Verfahren registriert hat, sind die Lieferungen der deutschen Umsatzsteuer zu unterwerfen.
Variante 2: Die OSS-Lieferschwelle i.H.v. 10.000 EUR wurde im Laufe des Jahres zum ersten Mal überschritten
Lieferschwelle wird überschritten
Der Onlinehändler O verkauft im Jahr 2023 aus seinem Warenlager in Berlin Fahrräder i.H.v. 12.000 EUR netto nach Spanien und Fahrräder i.H.v. 13.000 EUR netto nach Italien.
Die Lieferungen verteilten sich über das Jahr wie folgt:
Q1 Spanien: 3.000 EUR |
Italien 2.000 EUR |
Q2 Spanien: 4.000 EUR |
Italien: 1.000 EUR |
Q3 Spanien: 3.000 EUR |
Italien: 5.000 EUR |
Q4 Spanien: 2.000 EUR |
Italien: 5.000 EUR |
Die Höhe der Lieferungen ins EU-Ausland beträgt 25.000 EUR. Damit ist die Lieferschwelle, die das OSS-Verfahren vorschreibt (10.000 EUR) überschritten. Die Lieferungen für das erste und zweite Quartal überschreiten die Lieferschwelle noch nicht. Soweit der Onlinehändler sich nicht freiwillig für die Teilnahme am OSS-Verfahren registriert hat, sind diese Lieferungen noch mit 19 % der deutschen Umsatzsteuer zu unterwerfen.
Ab dem dritten Quartal kann sich der Onlinehändler zur Teilnahme am OSS-Verfahren registrieren lassen. Der spanische Regelsteuersatz beträgt 21 %. Der italienische Regelsteuersatz beträgt 22 %. Dadurch ergeben sich für die OSS-Meldungen die folgenden Melde- und Zahlungsdaten:
Quartal |
Q3 |
Q4 |
Bemessungsgrundlage ES |
3.000 EUR |
2.000 EUR |
Steuer ES (Steuersatz 21 %) |
630 EUR |
420 EUR |
Bemessungsgrundlage IT |
5.000 EUR |
5.000 EUR |
Steuer IT (Steuersatz 22 %) |
1.100 EUR |
1.100 EUR |
Gesamte Steuerzahllast |
1.730 EUR |
1.520 EUR |
Für das 3. Quartal 2023 müssen die Bemessungsgrundlagen und Steuerbeträge der einzelnen Länder bis zum 31.10.2023 an das BZSt gemeldet sein. Zudem muss bis zu diesem Zeitpunkt die Zahlung i.H.v. 1.730 EUR auf dem Bankkonto des BZSt eingegangen sein. Die Steuerzahlungen werden dann an die Finanzbehörden nach Spanien und Italien weiterg...