OFD Frankfurt, Verfügung v. 20.7.2009, S 7105 A - 21 - St 110
Eine Organschaft liegt nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG vor, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Weitere Einzelheiten werden in der Karteikarte zu § 2 – S 7105 – Karte 3 geregelt.
Die Organschaft endet zu dem Zeitpunkt, zu dem eine der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt ist. Das ist z.B. der Fall, wenn
- sich die Stimmrechtsverhältnisse durch Aufnahme weiterer Gesellschafter in die Organgesellschaft entscheidend ändern,
- der Betrieb des Organträgers oder der Organgesellschaft veräußert oder
- die Organgesellschaft in eine Personengesellschaft umgewandelt wird.
1. Liquidation und Vermögenslosigkeit
Der bloße Beschluss über die Auflösung der Gesellschaft und die anschließende Abwicklung der Geschäfte der Organgesellschaft hat keinen Einfluss auf die Organschaft. Die Organgesellschaft rechnet vielmehr so lange zum Unternehmen des Organträgers, bis die Liquidation abgeschlossen und das vorhandene Gesellschaftsvermögen veräußert ist (FG Münster vom 31.1.1991, 5 K 3761/88 U, UR 1992 S. 378). Das gilt selbst dann, wenn im Rahmen der Liquidation nur noch Umsätze aus der Verwertung sicherungsübereigneter Gegenstände bewirkt werden (FG Nürnberg vom 22.2.1990, II 169/86, EFG 1990 S. 543).
Auch durch die Vermögenslosigkeit der Organgesellschaft wird die Organschaft nicht beendet; sie dauert fort, bis alle Rechtsbeziehungen der Organgesellschaft abgewickelt sind (vgl. BFH vom 27.9.1991, V B 78/91, BFH/NV 1992 S. 346 und vom 19.10.1995, V R 128/93, BFH/NV 1996 S. 275).
Dagegen führt die Liquidation des Organträgers regelmäßig zur Beendigung der Organschaft, weil mit der Einstellung der aktiven unternehmerischen Tätigkeit des Organträgers die wirtschaftliche Eingliederung der Organgesellschaft entfällt (FG des Saarlandes vom 3.3.1998, 1 K 281/95).
2. Insolvenzverfahren (Abschn. 21 Abs. 7 UStR)
2.1 Insolvenz der Organgesellschaft
Spätestens mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Organgesellschaft endet das Organschaftsverhältnis, da zu diesem Zeitpunkt das Verwaltungs- und Verfügungsrecht nach § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter übergeht und somit die organisatorische Eingliederung entfällt. Ab diesem Zeitpunkt ist nicht mehr gewährleistet, dass der Wille des Organträgers in der Organgesellschaft auch tatsächlich ausgeführt wird (vgl. BFH vom 13.3.1997, V R 96/96, BStBl 1997 II S. 580).
Sofern ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und der Organgesellschaft ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird, geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Organgesellschaft nach § 22 Abs. 1 InsO auf den vorläufigen (sog. starken) Insolvenzverwalter über. Das Organschaftsverhältnis endet insoweit bereits ab diesem Zeitpunkt.
Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, ohne dass dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird (sog. schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter), bleibt die Organschaft regelmäßig bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehen. Dies gilt auch wenn das Gericht anordnet, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (vgl. BFH vom 1.4.2004, V R 24/03, BStBl 2004 II S. 905).
Mit Beendigung der Organschaft ist die ehemalige Organgesellschaft als selbstständiger Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 UStG zu beurteilen. Die Unternehmereigenschaft ist auch dann zu bejahen, wenn nach Beendigung des Organschaftsverhältnisses lediglich Verwertungshandlungen im geringen Umfang vorgenommen werden, so dass diese Tätigkeit für sich betrachtet nicht nachhaltig ist. Die Organgesellschaft war jedoch zur Zeit der Organschaft ein Unternehmensteil, der lediglich nicht selbstständig war, so dass auch die Tätigkeit vor Beendigung der Organschaft in die Beurteilung der Unternehmereigenschaft einzubeziehen ist.
Die Unternehmereigenschaft endet nicht vor Abschluss der letzten Liquidationshandlungen (vgl. BFH vom 9.12.1993, V R 108/91, BStBl 1994 II S. 483). Auf eine getrennte umsatzsteuerliche Erfassung der ehemaligen Organgesellschaft ist deshalb zu achten. Für die Frage der Besteuerungsform und des Voranmeldungszeitraums der ehemaligen Organgesellschaft sind grundsätzlich die Verhältnisse des Organkreises zu berücksichtigen.
Wird der Antrag der Organgesellschaft auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt, so bleibt die vorher bestehende finanzielle, organisatorische und wirtschaftliche Eingliederung unberührt. Die Organgesellschaft rechnet so lange zum Unternehmen des Organträgers, bis die Liquidation abgeschlossen und das vorhandene Gesellschaftsvermögen veräußert ist (vgl. FG Münster vom 31.1.1991, 5 K 3761/88 U, a.a.O., m.w.N. und BFH vom 27.9.1991, V B 78/91, BFH/NV 1992 S. 346).
2.2 Insolvenz des Organträgers
Wird ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Organträgers eröffnet, h...