Rz. 218

Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz[1] (BilMoG) ist am 29.5.2009 in Kraft getreten und regelt insbesondere die Bilanzierung von latenten Steuern neu. Gem. §§ 274, 306 HGB sind latente Steuern nach dem Temporary-Konzept (Bilanzposten-Differenzmethode) abzugrenzen. Dies betrifft mittelgroße und große Unternehmen sowie gem. § 264a HGB gleichgestellte Personengesellschaften, die einen Abschluss nach den Vorschriften des HGB unter Beachtung der Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Dritten Buches erstellen und veröffentlichen.

 

Rz. 219

Im Einzelabschluss des Organträgers sind laut DRS[2] latente Steuern für künftige Steuerbe- und -entlastungen aus temporären Differenzen zwischen handelsrechtlichen Wertansätzen von Vermögensgegenständen, Schulden oder Rechnungsabgrenzungsposten der Organgesellschaft und den korrespondierenden steuerlichen Wertansätzen zu berücksichtigen. Damit wird der formalen Betrachtungsweise gefolgt, nach welcher der Ausweis der latenten Steuern dort vorzunehmen ist, wo formal die Steuerschuldnerschaft begründet ist. Da bis zur Beendigung der Organschaft die Steuerwirkung beim Organträger eintritt, unabhängig davon, ob es sich um Bewertungsdifferenzen des Organträgers oder der Organgesellschaft handelt, ist die latente Steuerabgrenzung beim Organträger solange vorzunehmen, als nicht abzusehen ist, dass die Auflösung der zugrunde liegenden Differenzen erst nach Ende der Organschaft eintreten wird.[3]

 

Rz. 220

Beim Organträger sind die latenten Steueraufwendungen in der GuV unter dem Posten "Steuern vom Einkommen und Ertrag" auszuweisen, auch wenn sie wirtschaftlich auf die Organgesellschaft entfallen.[4]

 

Rz. 221

Beim Organträger gebildete aktive und passive Ausgleichsposten nach § 14 Abs. 4 KStG sind nach dem Temporary-Konzept zu berücksichtigen, da passive Ausgleichsposten den Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung der Anteile an der Organgesellschaft erhöhen und aktive Ausgleichsposten einen Gewinn mindern würden. Soweit der handelsrechtliche Buchwert der Beteiligung im Einzelabschluss den steuerlichen Wertansatz einschließlich organschaftlichem Ausgleichsposten übersteigt, ist eine passive latente Steuer zu bilden, die bei Organträger-Kapitalgesellschaften mit einer 5 %igen Steuerpflicht nach §§ 8b Abs. 1, 5 KStG und bei Organträger-Personengesellschaften mit natürlichen Personen mit 60 % steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn zu ermitteln wäre. Im umgekehrten Fall eines Veräußerungsverlustes könnte hingegen eine aktive latente Steuer nur für Organträger-Personengesellschaften mit natürlichen Personen gebildet werden, da bei Körperschaften eine Verlustberücksichtigung nach § 8b Abs. 3 KStG ausgeschlossen ist.

 

Rz. 222

Eine Abgrenzung von latenten Steuern bei der Organgesellschaft kommt bei der formalen Betrachtungsweise, dass der Organträger die Steuern zu tragen und daher auch abzugrenzen hat, nicht in Betracht, auch wenn die Organgesellschaft die Steuern wirtschaftlich verursacht hat. Dies gilt jedenfalls solange, wie nicht mit der Beendigung der Organschaft zu rechnen ist und sich daher die steuerlichen Effekte nur auf Ebene des Organträgers realisieren.[5]

 

Rz. 223

Sofern ein Steuerumlagevertrag im Organkreis besteht, sollte dem formalen Konzept folgend eine Abgrenzung der latenten Steuern weiterhin nur auf Ebene des Organträgers erfolgen. In einem zweiten Schritt könnten dann die laufenden und die latenten Steuern an die Organgesellschaft weiterbelastet werden. Bei der Organgesellschaft wäre die Umlage nach der BGH-Rechtsprechung[6] nicht als Steueraufwand, sondern als vorweggenommene Gewinnabführung zu behandeln und als Forderung bzw. Verbindlichkeit der Organgesellschaft gegenüber dem Organträger auszuweisen.[7]

 

Rz. 224

Nach § 268 Abs. 8 HGB besteht eine Ausschüttungssperre, die verhindern soll, dass den Gläubigern des Unternehmens Haftungsmasse durch Ausschüttung noch nicht realisierter Erträge aus Vermögensgegenständen i. S. d. § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB oder aus der Aktivierung latenter Steuern und selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens entzogen wird. Gem. § 301 Satz 1 AktG gilt entsprechend eine Abführungssperre für solch angesetzte Beträge. Die Ausschüttung bzw. Abführung der ausschüttungsgesperrten Beträge ist ausgeschlossen, soweit die verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen abzüglich eines Verlustvortrages oder zuzüglich eines Gewinnvortrages dem Gesamtbetrag der angesetzten Beträge nicht mindestens entsprechen. Nach § 268 Abs. 8 HGB umfasst die Ausschüttungssperre nur den Nettobetrag, also den angesetzten Betrag abzüglich der zugehörigen passiven latenten Steuer. Damit ist fraglich, wie die beim Organträger gebildeten latenten Steuern bei der Ermittlung des Sperrbetrages bei der Organgesellschaft zu berücksichtigen sind. In der Literatur werden beide Meinungen vertreten, dass der Bruttobetrag[8] – also ohne Berücksichtigung latenter Steuern des Organträgers bei der Organgesellschaft – abführungsgesperrt ist oder der Nettobetrag[9] – also unter ...

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