Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtbarkeit einer während der Unterbrechung des Verfahrens nach § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 240 S. 1 ZPO ergangenen gerichtlichen Entscheidung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine gerichtliche Entscheidung, die während der Unterbrechung des Verfahrens nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 240 Satz 1 ZPO ergeht, ist nicht unwirksam, sondern lediglich mit dem allgemein zulässigen Rechtsmittel anfechtbar. Der bisherige Prozessbevollmächtigte bleibt dabei über § 117 InsO hinaus zumindest für die Geltendmachung der Zulassungsgründe prozessbefugt, die sich auf die Anerkennung der Insolvenz als Aussetzungsgrund beziehen.
2. Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 240 ZPO ist geboten, wenn eine wirtschaftliche objektive Beziehung des Verfahrens zur Insolvenzmasse feststellbar ist (hier: bejaht für die Genehmigung einer Anlage zur Pferdezucht im Außenbereich).
3. Mit der Veräußerung einer streitgegenständlichen Sache (hier: Grundstück der Betriebseinrichtungen) durch den Insolvenzverwalter ist ein Wegfall des Massebezugs anzunehmen, welcher das Gericht zur Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen berechtigt.
4. Zur Anwendung von § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 266 Abs. 1 ZPO bei der Veräußerung eines streitgegenständlichen Grundstücks durch den Insolvenzverwalter.
5. Zu der Kostentragungspflicht eines Bevollmächtigten, der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens den Verwaltungsprozess unter Vorbehalt weiterführt, ohne hierfür eine (neue) Vollmacht des Insolvenzverwalters bzw. des Betroffenen nach Freigabe des streitgegenständlichen Grundstücks vorweisen zu können.
Normenkette
VwGO § 173 S. 1; ZPO § 240 S. 1, § 266 Abs. 1; InsO § 117
Verfahrensgang
Tenor
Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 21. Januar 2012 wird verworfen.
Die als Prozessbevollmächtigten der Klägerin aufgetretenen Rechtsanwälte haben die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Kostenschuldner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens wandte sich gegen eine Beseitigungsverfügung und die Ablehnung einer Baugenehmigung für Anlagen einer Pferdezucht im Außenbereich. Sie war seinerzeit Eigentümerin des Grundstücks Flurstück Nr. …/…, Flur …, Gemarkung W., welches zwischen den Ortschaften W. und L. befindet.
Im Rahmen einer Ortsbesichtigung im Jahr 2006 stellte der Beklagte fest, dass auf dem Grundstück der Klägerin Stallungen in der Größe von etwa 12 m × 5,5 m × 2,5 m, eine Einfriedung in Form eines Holz- und Elektrozauns sowie eine Wasserentnahmestelle mit Pumpe errichtet worden waren. Mit Bescheid vom 17.01.2006 forderte der Beklagte die Klägerin unter Verweis auf § 35 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB auf, diese baulichen Anlagen unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 3.000 EUR zu entfernen. Hiergegen erhob die Klägerin zunächst am 17.02.2006 Widerspruch und beantragte unter dem 29.10.2007 die Erteilung einer Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren für die Errichtung eines Pferdeunterstandes mit einem umbauten Raum von ca. 193 m³, eines Reitplatzes sowie einer Einfriedung auf ihrem Grundstück. Der Beklagte lehnte den Bauantrag mit Bescheid vom 4. März 2008 ab und forderte die Klägerin auf, die bereits errichteten Anlagen innerhalb von 2 Monaten nach Bestandskraft zu entfernen und drohte die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 500 EUR an. Hiergegen erhob die Klägerin unter dem 04.04.2008 Widerspruch und gab an, dass sie eine Pferdezucht in Gewinnerzielungsabsicht betreiben wolle.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2009 wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten die Widersprüche der Klägerin mangels Vorliegen eines privilegierungsfähigen Betriebs zurück. Auch als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB sei das Vorhaben nicht genehmigungsfähig, da zumindest Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie die natürliche Eigenart der Landschaft und ihr Erholungswert im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB beeinträchtigt würden.
Das Verwaltungsgericht Koblenz hat die am 22.06.2009 erhobene Klage mit Urteil vom 21.01.2010 (1 K 683/09.KO) abgewiesen. Die von der Klägerin gemäß § 70 i.V.m. § 66 LBauO begehrte Baugenehmigung sei abzulehnen, da das Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig sei, da es als sogenanntes sonstiges Vorhaben im Außenbereich im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB öffentliche Belange beeinträchtige. Bei den zur Genehmigung gestellten bauliche...