Nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB ist zur Bewertung einer Rückstellung der Betrag anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung zur Erfüllung der Verpflichtung notwendig ist. Die handelsrechtliche Bewertung gilt im Grundsatz auch für die Steuerbilanz, soweit das Steuerrecht keine selbstständigen Bewertungsvorschriften enthält.
Vor diesem Hintergrund bemisst sich die Rückstellungshöhe sowohl in der Handelsbilanz als auch in der Steuerbilanz für Rückstellung für eine Patentverletzung nach allgemeiner Auffassung nach den in § 139 Abs. 2 PatG dargelegten Schadensberechnungsmethoden. Danach kann der Patentinhaber nach § 139 Abs. 2 PatG die Schadensberechnung nach folgenden Möglichkeiten durchführen:
- Wurde die Handlung durch den Rechteverletzer vorsätzlich oder fahrlässig vorgenommen, ist dem Verletzten der daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Bei der Bemessung des Schadenersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden (Satz 1).
- Der Schadenersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrags berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte (Satz 2).
Nach Veenroy hat sich in der Praxis die Schadensberechnung durch Zugrundelegung einer angemessenen Lizenz auf die erzielten Umsatzerlöse durchgesetzt.
Gemäß § 253 Abs. 2 HGB sind Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen 7 Geschäftsjahre entsprechend ihrer Restlaufzeit abzuzinsen. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe e) EStG sind Rückstellungen im Zuge der Ermittlung des steuerlichen Werts mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen.
Die voraussichtliche Restlaufzeit einer Rückstellung ist nach IDW RS HFA 34.36 der Zeitraum zwischen dem Bilanzstichtag und dem Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme. Diese steht entweder fest oder ist nach den Umständen des Einzelfalls tendenziell vorsichtig zu schätzen. So ist bei einem kündbaren Vertrag nach IDW RS HFA 34.38 auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem der Vertrag frühestens gekündigt werden kann. Allgemein kann man daher sagen, dass auf den Tag abzustellen ist, zu dem der Bilanzierende frühestens in Anspruch genommen werden kann.
Wendet man diese Grundsätze auf Rückstellungen für Verpflichtungen aus Patentverletzungen an, so wird man berücksichtigen müssen, dass in vielen Fällen ein Zeitpunkt der Inanspruchnahme nicht feststeht, sondern vielmehr die Inanspruchnahme jederzeit erfolgen kann. Daher ist es vertretbar, in der Handelsbilanz in den Fällen, in denen kein Zeitpunkt für die Inanspruchnahme geschätzt werden kann, auf eine Abzinsung zu verzichten. Nach Auffassung von Horschitz/Groß et al. gilt auch für die Steuerbilanz, dass eine Abzinsung nicht vorzunehmen ist, da mit einer Inanspruchnahme jederzeit zu rechnen ist.