Leitsatz
1. Einrichtungen, die ausschließlich ideelle oder altruistische Ziele verfolgen und nicht auf einem Markt in Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsteilnehmern auftreten, sind mangels Erwerbszwecks vom unionsrechtlichen Gesellschaftsbegriff des Art. 54 AEUV ausgenommen. Hingegen können vermögensverwaltende Tätigkeiten gemeinnütziger Körperschaften einen Erwerbszweck i.S. des Art. 54 AEUV begründen.
2. Die formelle Satzungsmäßigkeit nach § 59 AO erfordert hinsichtlich der steuerbegünstigten Zweckverfolgung – werden die Begriffe "ausschließlich" und "unmittelbar" in der Satzung nicht ausdrücklich verwendet –, dass der Satzungstext und dessen Auslegung wenigstens entsprechende Anhaltspunkte bieten (Anschluss an Senatsurteil vom 20. Dezember 2006 I R 94/02, BFHE 216, 269, BStBl II 2010, 331).
Normenkette
§ 59, § 51 Abs. 2, § 52 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2, § 55 Abs. 1 Nrn. 1, 4 und 5, § 60 Abs. 1 Satz 1, § 61 Abs. 1, § 63 AO, Art. 54, Art. 107 Abs. 1, Art. 267 Buchst. a AEUV, § 62 AO i.d.F. der Bekanntmachung vom 1.10.2002, Art. 97 § 1f Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 EGAO, § 2 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 9, Abs. 2 Nr. 2 KStG
Sachverhalt
Klägerin ist ein College der Universität X im Vereinigten Königreich, die nach ihrer Jahrhunderte alten Gründungsurkunde als "immerwährendes Kollegium des Studiums der Wissenschaften, der heiligen Theologie, der Philosophie und der guten Künste" errichtet wurde.
Sie ist Eigentümerin eines Wohn- und Geschäftsgrundstücks in A (Inland) und erzielte daraus im Streitjahr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Das FA erließ einen Schätzungsbescheid zur Körperschaftsteuer, in dem es von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 375.000 EUR ausging. Das dagegen angerufene FG gab der Klage statt (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.7.2014, 4 K 12276/11, Haufe-Index 7403274, EFG 2014, 2168).
Entscheidung
Der BFH hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Sache an das FG zur weiteren Sachaufklärung zurück. Insbesondere zu
- der persönlichen Körperschaftsteuerpflicht der Klägerin,
- deren Satzungsbestimmungen sowie
- deren tatsächlicher Geschäftsführung.
Hinweis
1. Kern des Rechtsstreits ist die von der ausländischen Klägerin begehrte subjektive Steuerfreistellung bei der Körperschaftsteuer wegen Gemeinnützigkeit (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG).
Die vom FA verfolgte Besteuerung von Vermietungseinkünften i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG als inländische Einkünfte gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG nach Maßgabe beschränkter Körperschaftsteuerpflicht setzt allerdings zunächst voraus, dass die Klägerin potenzielles Steuersubjekt der Körperschaftsteuer ist.
Der BFH erörtert daher "Altbekanntes" zur Grundfrage der Steuerrechtssubjektivität (sog. Typenvergleich), setzt aber auch Schlaglichter zur "inboundbezogenen" Gemeinnützigkeit (kein erleichterndes Sonderrecht).
2. Zur Frage der Steuerrechtssubjektivität war zu klären, ob die Klägerin, die dem Recht des Vereinigten Königreichs (GB) untersteht, nach ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Struktur (ungeachtet einer ggf. nach ausländischem Recht bestehenden Rechtspersönlichkeit) einem deutschen Körperschaftsteuersubjekt entspricht (sog. Typenvergleich) und damit eine beschränkt steuerpflichtige Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse (s. § 2 Nr. 1 KStG) darstellt.
Die für diesen Typenvergleich erforderliche Feststellung der einschlägigen ausländischen Rechtsnormen sowie die Ermittlung der notwendigen gesellschaftsrechtlichen Merkmale sind Teil der vom FG zu klärenden tatsächlichen Rechtsgrundlagen; die dortige "Gesamtwürdigung der Einzelumstände" kann den BFH als Revisionsgericht binden (§ 118 Abs. 2 FGO).
Dies ist jedoch ausgeschlossen, wenn aus den Gründen des angefochtenen Urteils nicht nachvollziehbar ist, aus welchen Tatsachen das FG eine Schlussfolgerung tatsächlicher Art ableitet.
So lag der Fall hier: Soweit mit der Feststellung des FG, die Klägerin weise die Rechtsform einer Stiftung englischen Rechts auf, die Frage der Vergleichbarkeit zu einer Stiftung des deutschen Zivilrechts oder öffentlichen Rechts überhaupt angesprochen worden sein sollte, so wird durch die getroffene Feststellung (zu der rechtlichen Struktur der Klägerin) eine solche Vergleichbarkeit jedenfalls nicht tragfähig begründet.
Dies gilt umso mehr, als es sich bei der Klägerin (angesichts ihrer Jahrhunderte zurückliegenden Gründung) nicht zwingend um ein Gebilde handelt, auf welches die Vorschriften des geltenden (geschriebenen oder ungeschriebenen) Stiftungs- oder Gesellschaftsrechts Anwendung finden. Aus der Gründungsurkunde kann allenfalls auf eine unbegrenzte Lebensdauer geschlossen werden; und dies stellt nicht zwingend eine Vergleichbarkeit zu einer juristischen Person des deutschen Rechts her.
Zu weiteren Merkmalen der Klägerin, welche zu den Eigenschaften einer Stiftung i.S.d. §§ 80ff. BGB oder des öffentlichen Rechts korrespondieren könnten, hat das FG keine Feststellungen getroffen.
3. Auch die Feststellungen des F...