Mit dem JStG 2022 wurde eine neue Steuerbefreiung in § 3 Nr. 72 eingefügt, die bereits ab 1.1.2022 gilt.
Die Finanzverwaltung hat sich zu einigen Zweifelsfragen in einem BMF-Schreiben geäußert.
Zunächst war die Steuerbefreiung erst ab 2023 vorgesehen; diese wurde jedoch im weiteren Gesetzgebungsverfahren um ein Jahr vorgezogen. Dadurch kommt es bereits ab 2022 für kleinere Photovoltaikanlagen zu einer völligen Steuerfreiheit. Und – anders als der bisherige Liebhabereiantrag (siehe Tz. 4.2.1) – ist diese Steuerfreiheit kein Wahlrecht, sondern gilt zwingend für alle Photovoltaikanlagen, welche die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllen.
4.1.1 Voraussetzungen der Steuerfreiheit
Die Steuerfreiheit gilt für eine Photovoltaikanlage mit einer installierten Gesamtbruttoleistung (laut Marktstammdatenregister) von bis zu 30 kW (peak). Die Anlage darf auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Dächern von Garagen und Carports und anderweitiger Nebengebäude) installiert sein. Irrelevant ist es, wenn eine Wohnung nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird.
Und auch eine Photovoltaikanlage auf nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden (z. B. Gewerbeimmobilie, Garagenhof) wird steuerbefreit. Auch für diese Art von Gebäuden gilt der Grenzwert von bis zu 30 kW (peak).
Ferner gilt die Steuerbefreiung auch für Photovoltaikanlagen auf sonstigen Gebäuden mit Wohn- und Gewerbeeinheiten bis zu einer Größe von 15 kW (peak) (anteiliger Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister) pro Wohn- und Gewerbeeinheit. Dies wurde auf Anregung des Bundesrats geändert; zuvor war eine Steuerbefreiung nur für sonstige Gebäude mit überwiegender Nutzung zu Wohnzwecken vorgesehen, sodass in der Praxis manches „Mischgebäude“ nicht mit einbezogen worden wäre.
Mehrere Einheiten
Für die Praxis ist damit relevant, wie viele Einheiten ein Gebäude aufweist. Unproblematisch ist, dass z. B. ein Dreifamilienhaus 3 Wohneinheiten umfasst und damit bis zu 45 kW (peak) steuerfrei sind. Gibt es in einem Gebäude zwei Wohnungen und eine Arztpraxis, sind dies ebenfalls 3 Einheiten und folglich sind 45 kW (peak) steuerbefreit.
Neben diesen objektbezogenen Voraussetzungen gibt es auch noch eine subjektbezogene Voraussetzung für die Steuerbefreiung zu erfüllen. Werden mehrere Photovoltaikanlagen betrieben, greift die Steuerbefreiung, solange der Betrieb in der Summe nicht mehr als 100 kW (peak) Bruttoleistung aufweist. Die 100-kWp-Grenze ist dabei pro Steuerpflichtigem (natürliche Person oder Kapitalgesellschaft) oder pro Mitunternehmerschaft zu prüfen.
Ist eine Photovoltaikanlage objektbezogen nicht steuerbefreit (z. B. größer 30 kW (peak), Freiflächenanlage) ist diese Anlage in die subjektbezogene Begrenzung mit 100 kW (peak) nicht einzubeziehen. Ebenso wird auch eine Beteiligung an einer Gemeinschaftsanlage (z. B. 20 %-iger Anteil an einer PV-GbR) nicht anteilig mit einbezogen.
Wird die Freigrenze mit 100 kW (peak) überschritten, sind alle Photovoltaikanlagen steuerpflichtig. Dies gilt auch für die ersten 100 kW (peak), da diese Leistungsgrenze kein Freibetrag darstellt.
Ferner gilt die Steuerbefreiung unabhängig davon, wie der erzeugte Strom verwendet wird. Die Einnahmen bzw. Entnahmen aus einer Photovoltaikanlagen sind damit auch steuerbefreit, wenn der erzeugte Strom vollständig in das öffentliche Stromnetz eingespeist, teilweise im Haushalt bzw. zum Aufladen eines privaten oder betrieblich genutzten E-Autos verbraucht oder von Mietern (Mieterstrom) genutzt wird. Auch ein Gewinn aus der Veräußerung oder der Entnahme einer begünstigten Photovoltaikanlage fällt unter diese Steuerbefreiung.
4.1.2 Rechtsfolgen der Steuerfreiheit
Werden in einem Betrieb nur steuerfreie Einnahmen bzw. Entnahmen aus begünstigten Photovoltaikanlagen erzielt, braucht hierfür kein Gewinn mehr ermittelt und damit z. B. auch keine Anlage EÜR abgegeben zu werden.
Zwar betrifft die Änderung nur die Einnahmen, doch mittelbar sind auch die Ausgaben einer Photovoltaikanlage betroffen. Denn bereits bisher gibt es die Regelung des § 3c EStG, wonach Ausgaben, die mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden dürfen. Damit sind auch alle Aufwendungen (einschließlich der AfA) für eine Photovoltaikanlage einkommensteuerlich unbeachtlich.
Sonderabschreibung / Investitionsabzugsbetrag
Neben der regulären AfA kann mit Beginn der Steuerfreiheit auch eine Sonderabschreibung nach § 7g EStG nicht mehr als Betriebsausgabe abgezogen werden.
Dies gilt auch für Investitionsabzugsbeträge (IAB), welche mangels betrieblicher Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht nicht mehr in Anspruch genommen werden können. Zudem sind nach Auffassung der Finanzverwaltung in Jahren vor 2022 in Anspruch genommene IAB, welche bis zum 31.12.2021 noch nicht gewinnwirksam hinzugerechnet worden sind, im Jahr der Inanspruchnahme n...