Sascha Brosig, Dr. Andreas Pöschl
Zentrale Herausforderungen wichtig bei fachlicher Spezifikation
Eine automatisierte Planung aufzubauen und die Effizienz- und Zeitvorteile zu genießen, erfordert eine Investition in eine moderne Planungslösung. Dabei ist es nicht nur die Investition in Software und Hardware, sondern vor allem die Investition in die fachliche Spezifizierung des Planungsmodells, die nicht unterschätzt werden sollte. Sämtliche Planungslösungen sind Plattformen ohne wesentlichen Inhalt und individuelle Kundenlösungen sind zu bauen. Off-the-shelf Planungslösungen gibt es nicht in der gebotenen Qualität. Dabei sind einige Herausforderungen zu beachten:
Herausforderung Nr. 1: Datenvolumen & Performance
Eine der Herausforderungen ist das Datenmodell, das damit zusammenhängende Datenvolumen und die Performance der Modelle. Die Bewertung z. B. eines Lebensversicherungsvertrags nach HGB, IFRS 4, Solvency II erfordert sehr oft eine individuelle Analyse des Einzelvertrags. In einem digitalen Planungsmodell werden daher oft die einzelnen Verträge oder zumindest kleinere Portefeuilles zugrunde gelegt. Da nicht nur die Sicht des Gesamtkonzerns interessiert, sondern auch die sie treibenden Segmente, Branchen, Kundengruppen, Vertriebswege, Zeichnungs- oder Anfalljahre etc. umfasst ein digitales Planungsmodell schnell bis zu 50 Dimensionen, welche im Rahmen der Planung zu analysieren sind. Nur durch dieses sehr granulare Datenmodell lässt sich die gewünschte Konsistenz zwischen Rechnungslegungsstandards, Planhorizonten etc. gewährleisten. Daher zählen solche Lösungen zu Recht zu den "Big Data"-Applikationen. Das bedeutet, dass es sehr leistungsfähige Planungssysteme bedarf, welche mit dem Datenvolumen umgehen können. Hier spielen z. B. In-Memory Konzepte eine Rolle, bei der die gesamte Datenfülle zur Bearbeitung komplett in entsprechend dimensionierte Arbeitsspeicher geladen werden können oder ein intelligentes Zusammenspiel mit sehr leistungsfähigen Hardwareplattformen.
Herausforderung Nr. 2: Komplexität und Flexibilität
Die Komplexität bei Versicherungskonzernen ist nicht nur getrieben durch die Unterschiede des Geschäfts, sondern auch durch die Vielzahl anzuwendender Rechnungslegungsstandards, welche es auch planerisch zu beachten gilt.
Gewinnrealisierung bei einem Versicherungsvertrag
Galt es bisher als üblich, die Gewinnrealisierung bei einem Versicherungsvertrag proportional zum gewährten Risikoschutz zu verbuchen (HGB: "verdiente Prämie" eines Kalenderjahres und "Prämienüberträge" auf das Folgejahr) so ändert sich dies gerade. Denn: für viele Lebensversicherungsverträge mit Sparkomponenten ist dieses traditionelle Modell schlecht anwendbar. Die Profitabilität kann nur über die Gesamtlaufzeit eines Vertrages beurteilt werden. Dazu wurden ökonomische Modelle nach dem Ansatz "Present Value Future Profits" verwendet (Stichwort: "Embedded Value"). Neuere Rechnungslegungskonzepte für Versicherungen, wie IFRS 4 Phase 2 und auch die neuen Europäischen Standards der Versicherungsaufsicht (Solvency II) greifen diese Ideen auf und nehmen eine Gewinnrealisierung für Leben- und Nichtleben-Verträge bereits mit dem Zeichnungszeitpunkt an. Man "kauft" quasi ein Asset bzw. eine Liability, eine Zeitreihe mit wahrscheinlichen Einzahlungen (Prämien) und Auszahlungen (Schäden, Leistungen) und berücksichtigt dies in einer Solvenz- oder Marktwertbilanz.
Man kann sich vorstellen, dass die aktuellen Veränderungen in Bezug auf Rechnungswesen und Planung kaum komplexer sein können. Zudem reagieren die neuen Bewertungen sehr sensitiv auf Schwankungen der Bewertungsparameter, insbesondere beim Zins. Szenarien und Simulationen stellen sich somit als besonders herausfordernd dar.
Herausforderung Nr. 3: Automatisierung & Transparenz
Die automatisierte Berechnung von Versicherungsbeständen in unterschiedlichen Büchern, Neugeschäft über unterschiedliche Vertriebskanäle, unterschiedliche Schadensneigungen je nach Produkt, Tarif und Kundensegment, gebundene Liquidität für Zwecke der Kapitalanlage etc. erfordern elaborierte Berechnungsmethodiken, will man die Ergebnisse der Planung nicht nur auf Konzernebene sondern auch im Detail (z. B. je Sparte, je Gesellschaft etc.) und überführbar je Rechnungslegungsstandard verwenden.
All diese Herausforderungen (und noch einige weitere) gilt es mehr oder weniger simultan zu berücksichtigen, um eine automatisierte Planung zum Erfolg zu führen.