Sachverhalt
Ein Auszubildender beginnt am 1.9. seine Ausbildung. Seine Lehrlingsvergütung beträgt im 1. Lehrjahr 600 EUR monatlich. An den Wochenenden legt er seit Jahren an 2 Samstagen im Monat in einer Diskothek Platten auf. Bei seiner Einstellung hat er die Nebentätigkeit angegeben und diese ist vom Arbeitgeber ausdrücklich genehmigt worden.
Die Diskothek zahlt ihm eine monatliche Vergütung von 200 EUR, die nach den individuellen ELStAM (Steuerklasse I) behandelt wird und damit steuerfrei bleibt.
Für das Ausbildungsverhältnis hat der Arbeitgeber im Rahmen des Erstabrufs der ELStAM deshalb die Lohnsteuerklasse VI übermittelt bekommen. Bei der ersten Abrechnung hat der Auszubildende erstaunt festgestellt, dass von seiner Ausbildungsvergütung Steuern einbehalten worden sind.
Besteht eine Möglichkeit, die Lohnsteuer zu vermeiden, weil er doch am Jahresende wohl ohnehin alles zurückbekommt?
Ergebnis
Mitarbeiter mit mehr als einem Dienstverhältnis und geringem Jahresarbeitslohn aus dem ersten Dienstverhältnis können beim Finanzamt einen Hinzurechnungsbetrag beantragen. Sie können die teilweise Übertragung des Grundfreibetrags, der beim Lohnsteuerabzug gewährt wird, auf die Steuerklasse VI beantragen.
In Steuerklasse I bleibt 2023 aufgrund hoher Freibeträge ein jährlicher Arbeitslohn von über 14.000 EUR unbesteuert, das sind rd. 1.200 EUR monatlich.
Der Auszubildende erhält in der Diskothek jedoch nur eine Vergütung von 200 EUR. Deshalb kann beim Finanzamt ein Hinzurechnungsbetrag beantragt werden. Die Höhe der Hinzurechnung kann der Mitarbeiter bis zum Höchstbetrag frei bestimmen. Angebracht erscheint hier ein Hinzurechnungsbetrag von 600 EUR monatlich.
Durch den Hinzurechnungsbetrag für den Lohnsteuerabzug bleibt die Vergütung aus der Diskothek weiterhin unbesteuert. Zwar liest der Betreiber nunmehr die Lohnsteuer für einen Lohn von 800 EUR (200 EUR zzgl. 600 EUR Hinzurechnung) monatlich ab, aber dafür fällt immer noch keine Lohnsteuer in der Steuerklasse I an.
Beim Ausbildungsdienstverhältnis mit der Steuerklasse VI wird nun im Gegenzug ein Freibetrag von 600 EUR monatlich berücksichtigt. Dadurch bleibt auch die Ausbildungsvergütung – trotz der ungünstigen Steuerklasse – in voller Höhe steuerunbelastet. Nach Abzug des Freibetrags beträgt der steuerpflichtige Arbeitslohn des Auszubildenden 0 EUR.