Sachverhalt
Ein Mitarbeiter mit Steuerklasse I, keine Kinder, ev. (Kirchensteuer 8 %), Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung 1,6 %, erhält monatlich 3.500 EUR brutto. Im Juli zahlt der Arbeitgeber eine Erfolgsprämie von 2.500 EUR, die als sonstiger Bezug versteuert wird. Zum 1.10. erhöht sich sein Gehalt auf 4.250 EUR im Monat. Der Jahresbruttolohn des Arbeitnehmers beträgt damit 46.750 EUR.
Der Arbeitgeber hat 30 Mitarbeiter, das Entgeltabrechnungsprogramm führt automatisch einen Lohnsteuer-Jahresausgleich für den Arbeitgeber durch.
Ist der Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber zulässig und wie sieht der Vergleich zwischen den einbehaltenen Steuerbeträgen und der tatsächlichen Jahreslohnsteuer aus?
Ergebnis
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, einen Lohnsteuer-Jahresausgleich durchzuführen, wenn er am 31.12. des Ausgleichsjahres mindestens 10 Mitarbeiter beschäftigt. Ein Ausschlussgrund, der den Lohnsteuer-Jahresausgleich verbieten würde, liegt im vorgenannten Sachverhalt nicht vor.
Zur Berechnung der Lohnsteuer auf den sonstigen Bezug wird im Juli die Jahreslohnsteuer aus 42.000 EUR (3.500 EUR × 12) und aus 44.500 EUR (42.000 EUR + 2.500 EUR) ermittelt.
Jahreslohnsteuer aus 44.500 EUR |
5.804 EUR |
Abzgl. Jahreslohnsteuer aus 42.000 EUR |
- 5.200 EUR |
Lohnsteuer für den sonstigen Bezug |
604 EUR |
Zusätzlich muss der Arbeitgeber für den Einmalbezug 48,32 EUR Kirchensteuer einbehalten.
Tatsächlich liegt der Jahresarbeitslohn jedoch bei 46.750 EUR (9 × 3.500 EUR + 2.500 EUR + 3 × 4.250 EUR).
Die Lohnerhöhung ab Oktober führt wegen des progressiven Steuertarifs zu einer deutlich höheren Jahreslohnsteuer. Die monatlichen Lohnsteuerabzüge:
- bei 3.500 EUR: 433,33 EUR ,
- bei 4.250 EUR: 620,25 EUR.
Dieser erhöhte Lohnsteuerabzug reicht aus, um die zusätzliche Lohnsteuer aufzuholen.
Für den Arbeitnehmer wurden in 2024 folgende Steuerabzugsbeträge einbehalten:
Monat |
Bruttolohn |
Lohnsteuer |
Kirchensteuer |
1-9 |
31.500,00 EUR |
3.899,97 EUR |
312,00 EUR |
Sonderzahlung |
2.500,00 EUR |
604,00 EUR |
48,32 EUR |
10-12 |
12.750,00 EUR |
1.860,75 EUR |
148,86 EUR |
Gesamtsumme |
46.750,00 EUR |
6.364,72 EUR |
509,18 EUR |
Die Berechnung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs ergibt sich aus folgender Tabelle:
Für 2024 |
Tatsächlich einbehaltene Steuerbeträge |
Steuerbeträge laut Jahreslohnsteuer-Berechnung |
Mehrbetrag / Minderbetrag (-) |
Arbeitslohn/Jahr |
46.750,00 EUR |
46.750,00 EUR |
|
Lohnsteuer |
6.364,72 EUR |
6.360,00 EUR |
- 4,72 EUR |
Kirchensteuer |
509,12 EUR |
508,80 EUR |
- 0,32 EUR |
Der Vergleich der zutreffend einbehaltenen Lohnsteuer mit der tatsächlichen Jahreslohnsteuer zeigt, dass bei diesem Arbeitnehmer während des Jahres zu viel Lohnsteuer einbehalten wurde. Die "Erstattung" der Steuerbeträge ergibt sich aus der Kombination der Lohnerhöhung von 3.500 EUR auf 4.250 EUR ab Oktober und der Abrechnung eines sonstigen Bezugs von 2.500 EUR im Juli.
Im Beispiel beträgt die Erstattung für die Lohnsteuer 4,72 EUR und für die Kirchensteuer 0,32 EUR. Die Erstattung der Lohnsteuer und der Annexsteuern i. H. v. insgesamt 5,04 EUR muss der Arbeitgeber in der Dezember-Abrechnung vornehmen.
Wurde zu wenig Lohnsteuer einbehalten, muss der Arbeitgeber prüfen, woher die Differenz stammt:
- Hat der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug nicht zutreffend vorgenommen, d. h. der Fehler liegt beim Arbeitgeber, muss die Lohnsteuer mit der nächstmöglichen Entgeltabrechnung beim Arbeitnehmer nachgefordert werden. Ist dies nicht möglich, weil der Arbeitnehmer z. B. ausgeschieden ist, oder das Lohnsteuerverfahren für das laufende Jahr bereits abgeschlossen wurde (die Lohnsteuerbescheinigung wurde bereits ausgestellt), muss der Arbeitgeber den Fehler beim Lohnsteuerabzug unverzüglich dem Betriebsstättenfinanzamt anzeigen. Hierdurch schließt der Arbeitgeber eine drohende Haftung aus. Das Finanzamt kann Beträge über 10 EUR vom Arbeitnehmer nachfordern.
- Wurde der Lohnsteuerabzug zutreffend vorgenommen, besteht für den Arbeitgeber keine Verpflichtung zur Nacherhebung der Lohn- und ggf. Annexsteuern (Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag). Auch braucht er das Betriebsstättenfinanzamt hierüber nicht zu unterrichten. In diesem Fall wird die Lohnsteuer im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers nacherhoben, sofern der Arbeitnehmer zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet ist bzw. freiwillig eine Einkommensteuererklärung abgibt. Es kann sogar zu einem endgültigen Ausfall der Lohnsteuer kommen, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen der Antragsveranlagung nicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet ist.
Bei einer korrekten Entgeltabrechnung sind Steuernachzahlungen in der Praxis selten. Sie sind denkbar, wenn sonstige Bezüge auf einem "niedrigen" Lohnniveau versteuert wurden, und später der laufende monatliche Arbeitslohn stark erhöht wird. Werden nach einer Lohnerhöhung nochmals sonstige Bezüge wie z. B. Weihnachtsgeld gezahlt, wird die Lohnsteuer durch eine höhere Besteuerung der sonstigen Bezüge automatisch nacherhoben.