Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
Der einem Arbeitnehmer von einem Dritten verliehene Nachwuchsförderpreis führt zu Arbeitslohn, wenn die Preisverleihung nicht vor allem eine Ehrung der Persönlichkeit des Preisträgers darstellt, sondern wirtschaftlich den Charakter eines leistungsbezogenen Entgelts hat (Anschluss an BFH, Urteil vom 09.05.1985, IV R 184/82, Haufe-Index 60999, BStBl II 1985, 427).
Normenkette
§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 22 Nr. 3 EStG
Sachverhalt
Der Kläger war für seinen Arbeitgeber als Marktleiter eines Lebensmitteleinzelhandels tätig. Der Arbeitgeber gehörte einer regionalen Genossenschaft (G) an. G war Mitglied im V-Verband (V). V schrieb einen mit 10 000 DM dotierten Nachwuchsförderpreis in der Kategorie Marktleiter aus. Die Bewerbungsunterlagen sollten u.a. Beurteilungen der Persönlichkeit und Leistungen des Bewerbers enthalten. Der Kläger erhielt aufgrund seiner Bewerbung diesen Nachwuchsförderpreis samt Preisgeld, machte dazu aber in seiner ESt-Erklärung keine Angaben. Nachdem das FA durch eine bei V durchgeführten LSt-Außenprüfung davon erfahren hatte, erließ es einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten ESt-Bescheid und erfasste das Preisgeld (10 000 DM) als Arbeitslohn.
Das FG wies die dagegen erhobene Klage ab (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 05.06.2008, 3 K 55/07, Haufe-Index 2092848), weil der Kläger den Preis für seine bei der Bewerbung ausführlich dargestellten Leistungen als angestellter Marktleiter erhalten habe. Soweit die Persönlichkeit des Klägers gewürdigt worden sei, stehe dies im Zusammenhang mit dessen Arbeitsleistungen. Insgesamt stelle sich der Förderpreis als Frucht der Arbeitsleistung des Klägers dar.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz aus den in Praxishinweisen dargestellten Gründen.
Hinweis
Der BFH konnte für den Streitfall auf die sowohl zu Lohneinkünften als auch zu Betriebseinnahmen schon ergangene Rechtsprechung zurückgreifen. Danach liegt Lohn vor, wenn der Vorteil durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst ist, weil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt (BFH, Urteil vom 20.11.2008, VI R 25/05, BFH/NV 2009, 464, BFH/PR 2009, 127), auch wenn die Zuwendung durch einen Dritten erfolgt (BFH, Urteil vom 20.11.2008, VI R 25/05, BFH/NV 2009, 464, BFH/PR 2009, 127) und nicht auf anderen Rechtsverhältnissen beruht (BFH, Beschlüsse vom 17.01.2005, VI B 30/04, BFH/NV 2005, 884; vom 28.06.2007, VI B 23/07, BFH/NV 2007, 1870). Betriebseinnahmen können vorliegen, wenn die Zuwendung einen wirtschaftlichen Bezug zum Betrieb aufweist, z.B. bei einem Architektenwettbewerb; privat veranlasst sind dagegen für das Lebenswerk oder das Gesamtschaffen verliehene Preise; solchen liegt kein wirtschaftlicher Leistungsaustausch zugrunde (BFH, Urteil vom 09.05.1985, IV R 184/82, Haufe-Index 60999, BStBl II 1985, 427).
Auf dieser Grundlage war die Zahlung des Nachwuchsförderpreises als durch das individuelle Arbeitsverhältnis veranlasst. Die Persönlichkeit des Klägers war zwar bei der Preisvergabe mit berücksichtigt worden, wesentlich waren aber seine Leistungen als Marktleiter. Der Preis diente ausdrücklich der "Nachwuchsförderung" im Rahmen eines größeren Verbunds von Einzel- und Großhandelsunternehmen, bewertete also Fähigkeiten des Klägers innerhalb seiner nicht selbstständigen Arbeit. Auch das Alter des 26 Jahre alten Klägers sprach gegen die Preisverleihung für ein "Lebenswerk".
Angesichts dessen konnte der BFH offen lassen, ob das Preisgeld auch nach § 22 Nr. 3 EStG hätte besteuert werden können (BFH, Urteil vom 08.05.2008, VI R 50/05, BFH/NV 2008, 1589, BFH/PR 2008, 418).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.04.2009 – VI R 39/08