Leitsatz
Nach der allgemeinen Lebenserfahrung nutzt ein Steuerpflichtiger selbst bei nur knapp bemessener Freizeit ein ihm zur Verfügung stehendes Betriebs-Fahrzeug auch für private Fahrten. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um ein repräsentatives Fahrzeug handelt und der Steuerpflichtige über keinen weiteren privaten Pkw verfügt. Dieser Anscheinsbeweis wird durch ein anstellungsvertragliches Verbot der Privatnutzung nur unter bestimmten Umständen entkräftet.
Wird eine Privatnutzung durch den Anstellungsvertrag ausdrücklich ausgeschlossen, liegt es zumindest bei einem beherrschenden Gesellschaftergeschäftsführer nahe, die Privatnutzung nicht den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zuzuordnen, sondern den Nutzungsvorteil als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen.
Auch wenn auf der Ebene der Gesellschaft die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für die Bewertung des Nutzungsvorteils gerade nicht einschlägig ist, erscheint es sachgerecht, die dem Gesellschafter durch die private Fahrzeugnutzung zufließenden Einnahmen nach der 1-%-Regelung zu ermitteln.
Sachverhalt
Der Kläger war in den Streitjahren mehrheitlich an einer GmbH beteiligt. Der zum Geschäftsführer bestellte Kläger hatte, ebenso wie der nicht an der GmbH beteiligte Mitgeschäftsführer, mit der GmbH einen Dienstvertrag geschlossen, in dem u.a. dem Kläger eine private Kfz-Nutzung des ihm überlassenen Dienstwagens untersagt war. Im Jahre 2000 führte die Finanzverwaltung bei der GmbH eine Lohnsteueraußenprüfung durch. Für den in dem Prüfungszeitraum dem Kläger von der GmbH überlassenen PKW Audi A 8 wurde vom Kläger ein sog. Bordbuch geführt, welches allerdings nicht den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch entsprach (vgl. R 31 Abs. 7 Nr. 2 LStR 1996). Da die GmbH keine ordnungsgemäßen Fahrtenbücher vorlegen konnte, ging der Prüfer davon aus, dass der Kläger das Fahrzeug auch privat genutzt hat. Der Bruttoarbeitslohn des Klägers wurde in den Jahren 1997 bis 1999 um den privaten Nutzungsanteil des Fahrzeugs erhöht.
Entscheidung
Die Klage ist teilweise begründet. Das Finanzamt hat in zutreffender Weise berücksichtigt, dass der Kläger das ihm zur Verfügung stehende betriebliche Fahrzeug in den Streitjahren auch privat genutzt hat. Nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises ist zur Überzeugung des FG davon auszugehen, dass der Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer das ihm überlassene betriebliche Fahrzeug regelmäßig auch privat genutzt hat, nachdem ihm in den Streitjahren auch kein vergleichbares privates Fahrzeug zur freien Verfügung gestanden hat.
Die private Mitnutzung des Betriebs-Pkw führte beim Kläger allerdings zu steuerpflichtigen Einkünften gemäß § 20 Abs. 1 EStG. Die vertragswidrige Nutzung erfüllt die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Die GmbH hat die private Nutzung des PKW nicht unterbunden, obgleich sie mit dem Kläger als beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer eine private Nutzung vertraglich ausgeschlossen hatte. Diese Vermögenszuwendung sieht der Senat vorrangig im Bereich des Gesellschaftsverhältnisses und nicht vor dem Hintergrund des Dienstvertrags verwirklicht. Der Weg, auf dem der Beklagte die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung berechnet hat, begegnet keinen Bedenken. Regelmäßig ist der Wert des Sachbezugs "private Fahrzeugnutzung" nach der 1%-Regelung zu ermitteln (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG).
Link zur Entscheidung
FG des Landes Brandenburg, Urteil vom 26.10.2005, 2 K 1763/02