Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
1. Nutzt der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ein Fahrzeug privat auf Grundlage einer im Anstellungsvertrag ausdrücklich zugelassenen Nutzungsgestattung, liegt keine vGA, sondern ein lohnsteuerlich erheblicher Vorteil vor.
2. Eine vertragswidrige private Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht stets als Arbeitslohn zu qualifizieren (Senatsbeschluss vom 15.11.2007, VI ER S 4/07).
Normenkette
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 8 Abs. 2 S. 2 und 3, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG, § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO
Sachverhalt
G, Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin, einer GmbH, hatte einen Dienstwagen zur Verfügung, dessen private Nutzung bisher nicht versteuert worden war. Der Geschäftsführervertrag sah insoweit vor: "Der Geschäftsführer kann für die Dauer des Dienstverhältnisses einen Firmenwagen beanspruchen, der auch zu privaten Zwecken benutzt werden darf."
Das FA erfasste den Vorteil aus der privaten Pkw-Nutzung in einen LSt-Haftungsbescheid. Das FG wies die dagegen erhobene Klage ab. Die Pkw-Nutzung sei nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, 8 Abs. 2 S. 2 und 3 EStG als Lohn (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG) zu erfassen. Eine vGA scheide aus, weil der Vertrag ausdrücklich die private Nutzung zulasse.
Entscheidung
Die gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wies der BFH zurück.
Hinweis
Der ausnahmsweise zur amtlichen Veröffentlichung bestimmte NZB-Beschluss stellt Inhalt und Umfang der geänderten Rechtsauffassung des VI. Senats klar, wie auf Anfrage des I. Senats diesem mitgeteilt und hier aus Leitsatz Nr. 2 ersichtlich. Die unterschiedliche Rechtsauffassung des I. und VI. Senats des BFH betrifft die Frage, wann eine private Pkw-Nutzung durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH einen lohnsteuerlich erheblichen Vorteil und wann eine vGA begründet.
1. Der VI. Senat hält an seiner Rechtsauffassung (BFH, Beschlüsse vom 14.05.1999, VI B 258/98, BFH/NV 1999, 1330; vom 19.12.2003, VI B 281/01, BFH/NV 2004, 488; vom 13.04.2005, VI B 59/04, BFH/NV 2005, 1300) nicht mehr fest, dass "die vertragswidrige private Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer stets als Arbeitslohn zu qualifizieren" sei. Dies ergibt sich nun aus dem Besprechungsfall und war wohl auch Inhalt des hier in Bezug genommenen, aber nicht veröffentlichten Senats-Beschlusses vom 15.11.2007 (VI ER-S 4/07), der bisher nur indirekt aus der Rechtsprechung des I. Senats bekannt war (BFH, Urteile vom 23.01.2008, I R 8/06, BFH/NV 2008, 1057, BFH/PR 2008, 307; vom 17.07.2008, I R 83/07, BFH/NV 2009, 417,BFH-PR 2009, 94).
2. Mit der für das Revisionsverfahren bindenden finanzgerichtlichen Würdigung des Sachverhalts war hier die tatsächliche Grundlage (§ 118 FGO) der Entscheidung über die NZB, dass im konkreten Streitfall eine private Fahrzeugnutzung vertraglich gestattet war. Für diese Konstellation besteht keine unterschiedliche Rechtsauffassung. Deshalb war die im NZB-Verfahren aufgeworfene Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine private Kfz-Nutzung, die ohne Vereinbarung erfolgt oder die über die getroffene Vereinbarung hinausgeht, als vGA oder als Arbeitslohn zu erfassen ist, weder als grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage noch unter dem Aspekt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung klärungsfähig. Der VI. Senat scheint aber für diese Frage wohl noch grundsätzlichen Klärungsbedarf zu sehen.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 23.04.2009 – VI B 118/08