OFD Frankfurt, Verfügung v. 6.5.2008, S 2170 A - 114 - St 210
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder bitte ich, zur Frage der Behandlung von Transferentschädigungen im Profisport folgende Rechtsauffassung zu vertreten:
Transferentschädigungen, die nach den Vorschriften des Lizenzspielerstatuts des Deutschen Fußballbundes (DFB) bei einem Wechsel eines Spielers von einem Verein der Fußball-Bundesliga zu einem anderen Verein gezahlt werden, sind als Anschaffungskosten der Spielerlaubnis zu bilanzieren. Bei der Spielerlaubnis handelt es sich um ein abnutzbares, immaterielles Wirtschaftsgut. Die Abnutzungsdauer richtet sich nach der Dauer des Arbeitsvertrages beim erwerbenden Verein (ggf. unter Berücksichtigung von Verlängerungsoptionen), vgl. BFH-Urteil vom 26.8.1992 (BStBl 1992 II S. 977).
Soweit Steuerpflichtige den Standpunkt vertreten, die Transferentschädigungen seien aufgrund des EuGH-Urteils vom 15.12.1995, Rs C-415/93 („Bosman-Urteil”) sofort abzugsfähige Betriebsausgaben, weil die durch den DFB erteilte Spielerlaubnis kein konzessionsähnliches Recht darstelle, es an einer Verkehrsfähigkeit der Spielerlaubnis mangele und kein Verhältnis Leistung/Gegenleistung vorliege, ist dieser Rechtsauffassung nicht zu folgen.
Obwohl die Zahlung einer Transferentschädigung nach den Lizenzspielerstatuten des DFB keine Voraussetzung für die Erteilung einer Spielerlaubnis ist, besteht zwischen der Transferverbindlichkeit und der Erteilung der Spielerlaubnis ein enger Veranlassungszusammenhang. Denn nur bei Bezahlung der Transferentschädigung wird der einen Spieler abgebende Verein einer Aufnahme des Spielers in die Transferliste zustimmen. Die Aufnahme in die Transferliste ist jedoch Voraussetzung für die Erteilung der Spielerlaubnis.
Anders als bei „gewöhnlichen” Arbeitsverträgen, bei denen ein Arbeitgeber den Wechsel seines Arbeitnehmers (nach Ablauf der Kündigungsfristen) nicht verhindern kann, ergibt sich im Lizenzfußball die Besonderheit, dass der abgebende Verein die Aufnahme eines Spielers in die Transferliste verhindern kann. Durch die Zahlung der Transferentschädigung kann somit im Ergebnis die Spielerlaubnis wirtschaftlich übertragen werden.
Auch das Verhältnis Leistung/Gegenleistung (§ 5 Abs. 2 EStG setzt bei immateriellen Wirtschaftsgütern einen entgeltlichen Erwerb voraus) ist gewahrt, denn mit der Transferentschädigung werden nicht die dem abgebenden Verein in der Vergangenheit entstandenen Kosten (z.B. Ausbildungskosten eines Spielers) erstattet, sondern das Recht eingeräumt, den Spieler nach erfolgtem Transfer einsetzen zu dürfen und dieses Recht ggf. weiter zu veräußern.
Normenkette
EStG § 5