Leitsatz

1. Provisionsnachlässe, die der Eigenkapitalvermittler Fonds-Gesellschaftern gewährt und die keine besonderen, über die Beteiligung am geschlossenen Fonds hinausgehenden Leistungen der Gesellschafter abgelten, mindern die Anschaffungskosten der Immobilie i.S.d. § 255 Abs. 1 Satz 3 HGB, und zwar auch dann, wenn der Eigenkapitalvermittler auf das von den Gesellschaftern zu erbringende Eigenkapital direkt an den Fonds leistet.

2. Für die steuerrechtliche Qualifizierung der Rückflüsse kommt es nicht darauf an, ob das FA die betreffenden Provisionen als Anschaffungskosten behandelt oder als Werbungskosten abgezogen hat.

 

Normenkette

§ 182 Abs. 1 AO , § 157 Abs. 2 AO , § 8 Abs. 1 EStG , § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG , § 255 Abs. 1 Satz 3 HGB

 

Sachverhalt

Die Kläger hatten sich an einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer GbR beteiligt. Eine KG vermittelte das Eigenkapital und erhielt dafür eine Provision. Die KG räumte den Klägern Provisionsnachlässe ein.

Das FA sah die Gesellschafter als Bauherren an und anerkannte die Eigenkapitalvermittlungsprovision als Werbungskosten. Im Feststellungsbescheid setzte es die den Klägern gewährten Provisionsnachlässe als deren Sondereinnahmen an. Dagegen wandten sich die Kläger mit Erfolg.

 

Entscheidung

Die dem Fonds zugrunde liegenden Verträge seien als einheitliches Vertragswerk zu würdigen. Da die KG rechtlich und wirtschaftlich in den Anschaffungsvorgang mit einbezogen sei, seien die Eigenkapitalvermittlungsprovisionen als Anschaffungskosten und demzufolge die Rückzahlungen als Anschaffungskostenminderung zu beurteilen (§ 255 Abs. 1 Satz 3 HGB). Der Anschaffungskosten-Begriff nach § 255 Abs. 1 HGB gelte einheitlich im Bereich der Gewinn- und der Überschusseinkünfte.

Dass das FA bei der Feststellung der Einkünfte der GbR die Provisionen als Werbungskosten abgezogen habe, sei unerheblich. Da die Kläger lediglich die gesonderte Feststellung ihrer Sondereinnahmen angefochten hätten, sei der festgestellte Gesamtüberschuss als selbstständige Besteuerungsgrundlage in Bestandskraft erwachsen und könne nicht mehr geändert werden. Deshalb dürften die (unzutreffend berücksichtigten) Werbungskosten auch nicht mit den streitigen Sondereinnahmen verrechnet werden.

 

Hinweis

Anleger, die sich "in modelltypischer Weise" an einem Immobilienfonds zur Errichtung, Vermietung und Verwaltung der Immobilie beteiligen, sind regelmäßig nicht Bauherren, sondern Erwerber des bebauten Grundstücks. Dementsprechend sind alle Aufwendungen, die von Anlegern eines Bauherrenmodells geleistet werden, Anschaffungskosten und nicht sofort abziehbare Werbungskosten, und zwar auch dann, wenn die Initiatoren zu den Gesellschaftern gehören. Zu den Anschaffungskosten rechnen auch die Provisionen für die Vermittlung des Eigenkapitals, unabhängig davon, ob sie an den Initiator des Projekts oder an Dritte gezahlt werden.

Gewährt der Eigenkapitalvermittler den Anlegern Provisionsnachlässe, führt dies zu einer Minderung der Anschaffungskosten und somit nicht zu steuerbaren Einnahmen des Beteiligten. Anders ist es nur dann, wenn mit den Rückzahlungen besondere Leistungen entgolten werden, die über die bloße Beteiligung am geschlossenen Fonds hinausgehen.

Die Beurteilung als Anschaffungskostenminderung ist unabhängig von der Behandlung der Provisionen beim Fonds. Auch wenn das FA die Provisionen beim Fonds (unzutreffend) als Werbungskosten abgezogen und die Einkünfte bestandskräftig festgestellt hat, können die Nachlässe beim Beteiligten nicht als steuerbare Einnahmen (aus VuV) erfasst werden.

Ein allgemeines Korrespondenzprinzip ist nicht anerkannt. Rückflüsse von Aufwendungen können nicht allein deshalb als Einnahmen angesetzt werden, weil die Aufwendungen selbst fälschlich als Werbungskosten abgezogen wurden. Ist die Feststellung der Aufwendungen (als Werbungskosten) nicht mehr abänderbar, führt allein dies nicht dazu, den Rückfluss als Einnahme zu erfassen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.2.2002, IX R 20/98

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