Leitsatz
Die im Zusammenhang mit einem Prozess wegen mangelhafter Bauleistungen am Eigenheim angefallenen Gerichts- und Rechtsanwaltskosten stellen im Streitjahr 2011 dem Grunde nach außergewöhnliche Belastungen dar, sind aber um die zumutbare Eigenbelastung zu kürzen.
Sachverhalt
Die in der Steuererklärung der Kläger für das Jahr 2011 als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Anwalts- und Gerichtskosten die durch einen Prozess wegen mangelhafter Bauleistungen am Eigenheim der Kläger entstanden sind, hat das Finanzamt nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt, weil kein existenziell wichtiger Bereich der Kläger betroffen sei, und die Kosten daher nicht zwangsläufig entstanden seien. Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren unter Hinweis auf die geänderte BFH-Rechtsprechung, wonach Prozesskosten bei hinreichenden Erfolgsaussichten als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig seien, weiter.
Entscheidung
Die Kosten eines Zivilprozesses können nach der neuen Rechtsprechung des BFH (BFH, Urteil v. 12.5.2011, VI R 42/10, BStBl 2011 II S. 1015) unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig entstehen. Entgegen der früheren Rechtsprechung ist für die Frage der Zwangsläufigkeit von Prozesskosten nicht auf die Unausweichlichkeit des dem Zahlungsanspruch zugrunde liegenden Ereignisses abzustellen. Vielmehr liegt für den Steuerpflichtigen. die Unausweichlichkeit bereits darin, dass er im Verfassungsstaat den Rechtsweg beschreiten muss. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das FG zu der Auffassung gelangt, dass die geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen abzuziehen sind. Das FG folgt dem Finanzamt auch darin nicht, dass die geänderte BFH-Rechtsprechung abzulehnen sei, weil die Finanzverwaltung die Erfolgsaussichten eines Zivilprozesses im Veranlagungsverfahren nicht rechtssicher einschätzen könne. Das Finanzamt übersieht, dass die erforderliche summarische Prüfung zu keinem derart eindeutigen Ergebnis führen muss. Eine hinreichende Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Rechtsverfolgung genügt. Dafür braucht der Erfolg nur ebenso wahrscheinlich wie der Misserfolg zu sein (so auch BFH, Urteil v. 12.5.2011, VI R 42/10, BStBl 2011 II S. 1015).
Hinweis
Die vom FG zugelassene Revision wurde von dem Finanzamt eingelegt und wird beim BFH unter dem Az. VI R 83/13 geführt. In diesem Verfahren wird sich zeigen, ob der BFH dem Nichtanwendungserlass des BMF v. 20.12.2011 (BStBl 2011 I S. 1286) folgt, oder seine frühere positive Rechtsprechung für das Streitjahr bestätigt. Nach dem ab 1.1.2013 geltenden § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG ist ein Abzug von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen nur noch möglich, wenn der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Die Frage, wann diese Voraussetzungen erfüllt sind, wird nach Auffassung des Verfassers die Finanzgerichte ebenfalls wieder beschäftigen.
Link zur Entscheidung
FG Düsseldorf, Urteil vom 09.10.2013, 15 K 1102/13 E