Prof. Dr. Werner Gleißner
Erträge und Risiken abwägen
Es ist das zentrale Anliegen einer wertorientierten Unternehmensführung, dass bei der Vorbereitung unternehmerischer Entscheidungen die zu erwartenden Erträge und Risiken gegeneinander abgewogen werden. Abb. 8 verdeutlicht diese Grundidee.
Abb. 8: Ertrag und Risiko abwägen
Vom Risikomaß zum Performancemaß
Durch die Identifikation, quantitative Beschreibung und Aggregation der Risiken eines Projekts kann der Gesamtrisikoumfang (auf der x-Achse), z. B. ausgedrückt im Eigenkapitalbedarf (VaR), den erwarteten Erträgen des Projekts gegenübergestellt werden. Diese Quantifizierung der Risiken ermöglicht es zunächst zu überprüfen, ob der mit dem Projekt verbundene aggregierte Gesamtrisikoumfang vom Unternehmen getragen werden kann (Maximalrisikolinie, abgeleitet aus Eigenkapital- und Liquiditätsreserven, d. h. Risikodeckungspotenzial). Zudem erfordert ein höherer Risikoumfang einen höheren zu erwartenden Gewinn (oder höhere Rendite), d. h., die Projekte sollten ein günstiges Ertrags-Risiko-Profil aufweisen, um die Durchführung bzw. Investition zu rechtfertigen.
Will man die Positionierung eines Projekts oder Unternehmens aus dem Rendite-Risiko-Diagramm, wie in Abb. 8 dargestellt, durch eine Kennzahl ausdrücken, gelangt man unmittelbar zu den Performancemaßen. Ein Performancemaß ergibt sich durch die Kombination des Erwartungswerts des Ergebnisses (z. B. des Gewinns) mit einem zugehörigen Risikomaß.
Ex-ante- oder Ex-post-Performancemessung
Eine Performancemessung kann ex ante oder ex post durchgeführt werden. Ein Ex-ante-Performancemaß dient dabei als prognostizierter Erfolgsmaßstab der Entscheidungsvorbereitung für (oder gegen) eine unternehmerische Aktivität, z. B. eine Investition. Dabei wird der Unsicherheit jeder Zukunftsprognose (über eine Zielgröße X) explizit Rechnung getragen, die Grundlage der ökonomischen Entscheidung ist.
Solche Performancemaße sind daher Kennzahlen, die sich aus der Kombination (operationalisiert durch eine Funktion f) des erwarteten Ergebnisses E(X) (z. B. erwarteter Gewinn) mit einem geeigneten Risikomaß R(X) wie Standardabweichung oder Value at Risk ergeben. Das Risikomaß zeigt dabei den Umfang möglicher Planabweichungen.
Arten von Performancemaßen
Im einfachsten Fall ergibt sich das Performancemaß für den unsicheren Gewinn , indem man den Erwartungswert durch einen Risikoabschlag reduziert, der unmittelbar abhängig ist vom Risikomaß , also z. B. vom Value at Risk (des Ertrags) bzw. des Eigenkapitalbedarfs oder der Standardabweichung.
Das Abziehen des Risikoabschlags () vom Erwartungswert entspricht dem Vorgehen beim Bestimmen sog. "Sicherheitsäquivalente", die ausdrücken, welches sichere Ergebnis aus Sicht des Bewertenden äquivalent ist zum unsicheren Ertrag . Wählt man als Risikomaß beispielsweise den Eigenkapitalbedarf, kann man die Größe , den "Preis des Risikos", als kalkulatorische (Zusatz-)Kosten für das Eigenkapital interpretieren. Damit entspricht der Risikoabschlag gerade den kalkulatorischen Eigenkapitalkosten oder Wagniskosten.
Zu den Performancemaßstäben gehören also Unternehmenswert (Kapitalwert), aber auch Wertbeitrag (Economic Value Added - EVA) und Return on Risk Adjusted Capital (RoRAC).
Ein weiteres Performancemaß ist das Sharpe Ratio (SR).
mit |
|
= Rendite der Anlage A |
|
|
= risikoloser Zinssatz |
|
|
= Standardabweichung der Rendite der Anlage A als Risikomaß |
Ein weiteres Performancemaß, das sich auch als lageunabhängiges Risikomaß auffassen lässt, ist der RAVA. RAVA steht für Risk Adjusted Value Added. Im Gegensatz zu den heute üblichen Performancemaßen wie EVA (Economic Value Added) werden bei diesem Performancemaß Risiken tatsächlich adäquat und planungskonsistent erfasst.
Der RAVA reduziert also den erwarteten Gewinn (erwartetes Betriebsergebnis abzüglich risikoloser Verzinsung des eingesetzten Kapitals ) um einen Risikoabschlag. Als Risikomaß wird hier üblicherweise der Eigenkapitalbedarf herangezogen: