Leitsatz

Wird ein unbebautes, besetztes Grundstück zwangsweise geräumt, um es anschließend teilweise bebauen und teilweise als Freifläche vermieten zu können, sind die Aufwendungen für die Zwangsräumung, soweit sie die zu bebauende Fläche betreffen, Herstellungskosten der später errichteten Gebäude und soweit sie die Freifläche betreffen, Anschaffungskosten des Grund und Bodens.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG , § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG , § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB , § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb 1991 zwei Teilflächen eines unbebauten Grundstücks, um es nach Bebauung an ein fremdes Autohaus zu vermieten. Das seit 1989 rechtswidrig durch Dritte mit Wohn- und Bauwagen besetzte Grundstück ließ er zwangsweise räumen und bebaute es im vorderen Teil mit einem Gebäude, das er an eine von ihm beherrschte GmbH vermietete. Den unbebaut gelassenen hinteren Teil vermietete er als Freifläche ebenfalls an eine von ihm beherrschte GmbH.

Die von ihm in der Einkommensteuererklärung als sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachten Räumungskosten beurteilte das FA als Anschaffungskosten des Grund und Bodens. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt. Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts.

 

Entscheidung

Der BFH hat das FG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die auf die überbauten Flächen entfallenden Räumungskosten seien allenfalls Herstellungskosten der später errichteten und erst nach dem Streitjahr fertig gestellten Gebäude und Außenanlagen, weil ohne Räumung eine Bebauung nicht möglich gewesen sei. Hinsichtlich der Freifläche seien die Räumungskosten als Anschaffungsaufwand des Grund und Bodens für dessen Herstellung der Betriebsbereitschaft anzusehen, weil die Freifläche nach den bindenden Feststellungen des FG ohne vorherige Räumung nicht im Zusammenhang mit dem vorderen Grundstücksteil für gewerbliche Zwecke genutzt und zu diesem Zweck als Freifläche hätte vermietet werden können.

 

Hinweis

1. Auch Kosten für die Räumung eines Grundstücks können Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sein (BFH, Urteil vom 23.2.1988, IX R 151/86, BFH/NV 1989, 485), sind aber nur im Rahmen der AfA zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 EStG), wenn sie zu den Herstellungskosten i.S.d. §  255 HGB gehören (vgl. BFH, Urteil vom 12.9.2001, IX R 39/97, BFH-PR 2002, 281). Dies ist der Fall, soweit auf der geräumten Fläche Gebäude und Außenanlagen errichtet werden, weil der zwangsläufig mit der Herstellung anfallende Räumungsaufwand wirtschaftlich enger mit dem beabsichtigten Neubau als mit der Anschaffung des Bodens zusammenhängt (vgl. BFH, Urteil vom 16.4.2002, IX R 50/00, BFH-PR 2002, 403). Dementsprechend sind Abstandszahlungen an Nutzungsberechtigte im Anschluss an einen Grundstückserwerb zur Ermöglichung eines Neubaus als Herstellungskosten des neuen Gebäudes zu beurteilen (vgl. BFH, Urteil vom 9.2.1983, I R 29/79, BStBl II 1983, 451).

2. Soweit Räumungskosten aufgewendet werden, um den unbebauten Teil des Grundstücks anschließend als Freifläche vermieten zu können, handelt es sich um Anschaffungskosten des Grund und Bodens (§ 255 Abs. 1 Satz 1 HGB), weil damit die Betriebsbereitschaft der Fläche hergestellt wird. Sie ist erst gegeben, wenn sie entsprechend ihrer konkreten Zweckbestimmung durch den Erwerber genutzt werden kann (vgl. BFH, Urteil vom 22.1.2003, X R 9/99, BFH-PR 2003, 212). Ob der Erwerber die fehlende Eignung des Grundstücks im Zeitpunkt des Erwerbs kannte, ist danach unter der Geltung des § 255 HGB ohne Bedeutung (vgl. BFH, Urteil vom 22.1.2003, X R 36/01, BFH/NV 2003, 765).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.5.2004, IX R 57/01

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