(Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom 6./7.11.1986)
Die Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) beschäftigte Person zugleich Mitunternehmer der GmbH ist. Mitarbeitende Gesellschafter einer GmbH können daher durchaus in einem abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur GmbH stehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts liegt bei mitarbeitenden Gesellschaftern - und das gilt auch für Gesellschafter-Geschäftsführer - ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur GmbH allerdings nur dann vor, wenn die Gesellschafter
- funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess der GmbH teilhaben,
- für ihre Beschäftigung ein entsprechendes Arbeitsentgelt erhalten und
- keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft kraft eines etwaigen Anteils am Stammkapital geltend machen können.
Sofern also ein Gesellschafter-Geschäftsführer über mindestens 50 v. H. des Stammkapitals verfügt oder aufgrund besonderer Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag die Beschlüsse der anderen Gesellschafter verhindern kann (Sperrminorität), hat er entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der GmbH. Er kann insbesondere Beschlüsse, die sein Arbeitsverhältnis benachteiligen würden, verhindern, so dass in diesen Fällen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis von vornherein ausscheidet. In allen anderen Fällen muss sorgfältig beurteilt werden, ob ein abhängiges und damit sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt. Bei dieser Prüfung kann auf die als Anlage beigefügte Entscheidungshilfe sowie die anhängende Rechtsprechungsübersicht zurückgegriffen werden.
Im Übrigen vertreten die Besprechungsteilnehmer die Auffassung, dass die Einzugsstelle in ihrem nur im Einzelfall zu erteilenden Bescheid darauf hinweisen sollte, dass sich ihre versicherungsrechtliche Entscheidung nur auf die im Zeitpunkt der Beurteilung maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse in der GmbH bezieht und eine Änderung in diesen Verhältnissen (z.B. Änderung der Kapitalbeteiligung) durchaus zu einer anderen versicherungsrechtlichen Beurteilung führen kann. Die GmbH sollte daher in dem Bescheid aufgefordert werden, der Einzugsstelle jede Änderung in den Gesellschaftsverhältnissen umgehend mitzuteilen, damit die Einzugsstelle erforderlichenfalls die versicherungsrechtliche Beurteilung überprüfen kann.
Entscheidungshilfe zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH
I. Kapitalanteil mindestens 50 v.H.? oder andere Sperrminoritäten bei besonderer Vereinbarung im Gesellschaftervertrag |
nein |
ja |
Von vornherein kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, da maßgeblicher Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft (1, 2, 5, 7). Dies gilt auch, wenn ein besonderer Beirat bestellt wird (7). |
Da aufgrund des Kapitalanteils ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein ausgeschlossen ist, sind die allgemeinen Voraussetzungen für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu prüfen. Maßgebend ist das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse (1, 2, 4, 6). |
II. Selbstkontrahierung? Abdingung des Selbstkontrahierungsverbots nach § 181 BGB |
nein |
ja |
Indiz gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis |
III. Branchenkenntnisse? Geschäftsführer verfügt als einziger Gesellschafter über die für die Führung des Betriebs notwendigen Branchenkenntnisse |
nein |
ja |
Indiz gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, da die übrigen Gesellschafter nicht oder kaum in der Lage sind, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen (2, 8) |
IV. Bindung an Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsleistung? Es kommt nicht allein darauf an, inwieweit die Sachentscheidungsbefugnis begrenzt ist. Wesentlicher ist, ob der äußere Rahmen der Tätigkeit durch einseitige Weisung geregelt werden kann (1, 6) |
nein |
ja |
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Soweit der Geschäftsführer kein Gesellschafter der GmbH ist, besteht jedoch regelmäßig Versicherungs- und Beitragspflicht (3). |
V. Familien-GmbH? |
nein |
ja |
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, wenn die Geschäftsführertätigkeit mehr durch familienhafte Rücksichtnahmen und durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander als durch einen für ein Arbeitnehmer-Arbeitgeberverhältnis typischen Interessengegensatz gekennzeichnet ist (2, 8). |
VI. Firmenumwandlung? Geschäftsführer war vor der Umwandlung Alleininhaber einer Einzelfirma |
nein |
ja |
Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, wenn der Geschäftsführer "Kopf und Seele" des Betriebs geblieben ist und die gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen nur deshalb getroffen worden sind, weil er sich dadurch haftungs- und/oder steuerrechtlich besser zu stehen glaubt (8). |
VII. Erhebliches Unternehmerrisiko? |
nein |
ja |
Indiz gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis (6). Teilhabe am Arbeitsprozess in diesen Fällen häufig zwar funktionsgerecht, aber nicht "dienender" Natur (1, 2). |
Abhängiges Beschäftigungsverhältni... |