Dipl.-Finw. (FH) Anna M. Nolte
Eine Realisierung des Gewinns/Ertrags tritt ein, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldeten Erfüllungshandlungen in der Weise erbracht hat, dass ihm die Forderung auf die Gegenleistung, z. B. die Zahlung, von den mit jeder Forderung verbundenen Risiken abgesehen, so gut wie sicher ist. Das ist regelmäßig der Fall, wenn der Verpflichtete den Vertrag wirtschaftlich erfüllt hat. Das setzt voraus, dass die vereinbarte Lieferung oder Leistung erbracht ist.
Unerheblich sind der Vertragsabschluss, der Eintritt des rechtlichen Leistungserfolgs, die Rechnungserteilung und die Zahlung des vereinbarten Preises (Geldübergang). Besteht der Anspruch auf die Gegenleistung objektiv und liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Anspruchsinhaber auf Dauer von dessen Durchsetzung absehen wird, kann die Gewinnrealisierung nicht dadurch hinausgeschoben werden, dass ein bereits dem Grunde nach geltend gemachter und vom Anspruchsgegner nicht – oder nicht mehr – bestrittener Anspruch der Höhe nach zunächst noch nicht konkretisiert wird.
Bei einer Grundstücksveräußerung ist der Gewinn mit Übergang des zivilrechtlichen Eigentums auf den Käufer realisiert; das gilt auch dann, wenn Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahr vereinbarungsgemäß erst später übergehen.
Gewährleistungsverpflichtungen, die zu einer Wandlung, Minderung oder einer Nachbesserung führen können, sind nicht zu berücksichtigen. Der Anspruch auf die Gegenleistung muss so gut wie sicher sein. Die Einrede des nicht erfüllten Vertrags muss ausgeschlossen sein. Dazu ist die Erfüllung der Hauptverpflichtung erforderlich. Es kommt nicht darauf an, dass noch unwesentliche Nebenleistungen ausstehen. Das Risiko hat sich darauf reduziert, dass der Empfänger im Einzelfall Gewährleistungs- oder Schadensersatzansprüche geltend macht oder sich als zahlungsunfähig erweist.
Der Zeitpunkt, zu dem ein Anspruch auf eine Vermittlungsprovision im Versicherungsgeschäft realisiert ist, hängt von den konkreten Vertragsgestaltungen ab. Ein Gewinn aus Inkassotätigkeit ist realisiert, sobald dem Unternehmer der nicht entziehbare Provisionsanspruch zusteht.
Wird einem bilanzierenden Insolvenzverwalter ein Vergütungsvorschuss bewilligt, tritt noch keine Gewinnrealisierung ein. Es handelt sich vielmehr um einen Anspruch auf Vorschuss auf die (endgültige) Vergütung.
Solange der Provisionsanspruch eines Handelsvertreters noch unter der aufschiebenden Bedingung der Ausführung des Geschäfts steht, ist er nicht zu aktivieren.
Gewinnrealisierung tritt auch ein bei Ausschüttungen, wie z. B. Dividenden. Letztere sind mit Fassung des Gewinnverwendungsbeschlusses zu erfassen;, der Zeitpunkt der Auszahlung der Gewinnausschüttung ist für die Gewinnrealisierung unerheblich.
Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann auch ohne Zufluss beim Gesellschafter anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter den Vorteil mittelbar in der Weise zuwendet, dass eine dem Gesellschafter nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht.
Zinsansprüche aus Genussrechten sind mit Ablauf des zugrunde liegenden Zinszeitraums entstanden. Sie sind in der Bilanz des Wirtschaftsjahrs zu aktivieren, in dem der Zinszeitraum abläuft.
Die ertragsabhängige Geschäftsführungsvergütung eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA ist in dem Jahr als Ertrag zu erfassen, für das er die Vergütung bezieht. Sein Gewinnanteil einschließlich der Sondervergütungen, Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben ist durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln.
Ansprüche aus einer Rückdeckungsversicherung für eine Pensionsverpflichtung sind am Bilanzstichtag i. H. d. verzinslichen Ansammlung der vom Versicherungsnehmer geleisteten Sparanteile der Versicherungsprämien (ggf. zzgl. Guthaben aus Überschussbeteiligungen) zu aktivieren.
Für die Gewinnrealisierung im Rahmen einer Betriebsaufgabe ist nicht der Beginn der Betriebsaufgabe, sondern der Zeitpunkt des einzelnen Aufgabeteilakts relevant. Ein Betriebsaufgabegewinn kann daher in verschiedenen Veranlagungszeiträumen entstehen. Davon bestimmt sich der Zeitpunkt der Gewinnverwirklichung für die einzelnen Aufgabevorgänge (Veräußerung oder Überführung ins Privatvermögen) nach allgemeinen Gewinnrealisierungsgrundsätzen. Nachträgliche Einkünfte nach einer Betriebsaufgabe sind nicht mehr durch Betriebsvermögensvergleich, sondern in sinngemäßer Anwendung des § 4 Abs. 3 EStG unter Berücksichtigung des Zu- und Abflussprinzips nach § 11 EStG zu ermitteln.
Die Erteilung der Restschuldbefreiung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens stellt für die Ermittlung des Gewinns aus einer Betriebsaufgabe auch dann ein rückwirkendes Ereignis dar, wenn der Betrieb erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgegeben worden ist.