OFD Frankfurt, Verfügung v. 19.5.1998, S 2297 A - 22 - St II 27
Unterhaltszahlungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten können beim Leistenden entweder als außergewöhnliche Belastung nach § 33 a Abs. 1 EStG oder als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt werden. Im ersten Fall sind die Leistungen beim Empfänger keine der Besteuerung unterliegenden Einnahmen, im zweiten Fall stellen die Leistungen bei Empfänger Einnahmen im Sinne des § 22 Nr. 1 a EStG dar (sog. Realsplitting).
Das Wahlrecht zum Realsplitting ist einvernehmlich durch Antrag des Zahlenden und Zustimmung des Unterstützten auszuüben. Während der Antrag des Leistenden auf Abzug der Unterhaltszahlungen als Sonderausgaben jeweils nur für ein Jahr gestellt werden kann, gilt die Zustimmung des Empfängers bis auf Widerruf als erteilt. Erst die Wahlrechtsausübung des Leistenden zum Sonderausgabenabzug führt dazu, daß die beim Empfänger an sich nicht steuerbaren Einnahmen zu steuerpflichtigen Einnahmen nach § 22 Nr. 1 a EStG umqualifiziert werden.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Unterhaltsleistungen beim Empfänger bereits bei der Festsetzung von Vorauszahlungen zu berücksichtigen sind.
Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 EStG hat ein Steuerpflichtiger Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer zu entrichten, die er für den laufenden Veranlagungszeitraum voraussichtlich schulden wird. Die Vorauszahlungen sind grundsätzlich nach der Einkommensteuer zu bemessen, die sich nach Anrechnung der Steuerabzugsbeträge und der anrechenbaren Körperschaftsteuer bei der letzten Veranlagung ergeben hat.
Wurde die Zustimmung zum Realsplitting nicht vor Beginn des Vorauszahlungszeitraums widerrufen, könnte man die Auffassung vertreten, daß damit die Einkommensverhältnisse der Vorjahresveranlagung auch bei der Festsetzung der Vorauszahlungen zugrunde zu legen seien. Allerdings tritt die Steuerpflicht der Unterhaltszahlungen solange nicht ein, bis der Leistende von seinem Wahlrecht zum Sonderausgabenabzug Gebrauch gemacht hat. Die Steuerpflicht der Unterhaltszahlungen steht insoweit unter einer aufschiebenden Bedingung.
Die Besteuerungsgrundlagen des Vorjahres sind deshalb beim Unterhaltsempfänger nicht ohne weiteres zu übernehmen. Übt der Unterhaltsleistende erst im Rahmen seiner Veranlagung oder gar nicht das Wahlrecht zum Sonderausgabenabzug aus, sind die Unterhaltsleistungen bei der Festsetzung der Vorauszahlungen des Empfängers nicht zu berücksichtigen.
Wird jedoch vom Unterhaltsleistenden die Berücksichtigung der Sonderausgaben im Lohnsteuerermäßigungsverfahren oder bei der Festsetzung seiner Vorauszahlungen beantragt, ist die Steuerpflicht der Leistenden beim Empfänger zu unterstellen.
In diesen Fällen ist die Festsetzung der Vorauszahlungen unter Ansatz der Einkünfte nach § 22 Nr. 1 a EStG durchzuführen.
Das FA des Unterhaltsleistenden hat das für den Unterhaltsempfänger zuständige FA zeitnah über die Antragstellung zu informieren.
Bei Ermittlung der Einkommensteuervorauszahlungen im maschinellen Verfahren werden grundsätzlich auch die Besteuerungsgrundlagen hinsichtlich des Realsplittings aus der (letzten) Einkommensteuerveranlagung übernommen.
Es ist deshalb darauf zu achten, daß die Eingabewerte zum Realsplitting durch Überkennzahlen gelöscht werden, solange nicht feststeht, daß der Unterhaltsverpflichtete für das zu beurteilende Vorauszahlungsjahr den Sonderausgabenabzug beantragt (vgl. Fach 4 Teil 4 Nr. 30.3,7 DA-ADV, Stand: 31.12.1996).
Normenkette
EStG § 37