Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Reverse-Charge-Verfahren bei der Lieferung von Handys beachten
Zu beachten ist, dass sich bei der Lieferung von Mobilfunkgeräten bei einer Lieferung für mindestens 5.000 EUR die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens ergibt, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist. Im vorliegenden Fall hat dies auf die Lösung aber keine Auswirkung.
Alle Beteiligten sind Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG, da sie selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht tätig sind. Sie führen die Umsätze gegen Entgelt und im Rahmen ihres Unternehmens aus. Es handelt sich um ein Reihengeschäft i. S. d. § 3 Abs. 6a Satz 1 UStG, da mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte ausführen und die Gegenstände unmittelbar vom ersten in der Reihe zum letzten Unternehmer in der Reihe transportiert werden. Die bewegte Lieferung ist dabei der Lieferung des Karlsson zuzurechnen, da er die Gegenstände nach Dänemark transportiert.
Es handelt sich im vorliegenden Fall um ein i. g. Dreiecksgeschäft nach § 25b Abs. 1 und Abs. 2 UStG, da 3 Unternehmer aus verschiedenen Mitgliedstaaten beteiligt sind und der Gegenstand unmittelbar aus dem einen Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat gelangt. Auch sind alle Unternehmer mit ihrer jeweiligen USt-IdNr. aufgetreten.
Keine Veränderungen bei den Dreiecksgeschäften ab 2020
Die Voraussetzungen und Rechtsfolgen bei einem i. g. Dreiecksgeschäft sind nicht von den Veränderungen bei den Reihengeschäften zum 1.1.2020 betroffen. Das i. g. Dreiecksgeschäft nach § 25b UStG ist von diversen Einzelvoraussetzungen abhängig, die jeweils individuell abgeprüft werden müssen. Liegen diese Voraussetzungen alle vor, ergeben sich die Rechtsfolgen des Dreiecksgeschäfts zwingend. Im vorliegenden Fall sind alle Voraussetzungen des § 25b Abs. 1 und Abs. 2 UStG erfüllt.
Die Lieferung des Karlsson ("bewegte Lieferung") ist damit nach § 3 Abs. 6 UStG dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand am Beginn der Warenbewegung befindet, die Lieferung ist in Schweden steuerbar. Da der Leistungsempfänger aber mit seiner (zutreffenden) USt-IdNr. aus Deutschland aufgetreten ist und der Gegenstand tatsächlich in einen anderen Mitgliedstaat (Dänemark) gelangt ist, liegt aus schwedischer Sicht eine steuerbefreite i. g. Lieferung vor. Der Umsatz müsste von Karlsson in Schweden mit einer Bemessungsgrundlage von 250.000 EUR in seiner USt-Voranmeldung und als i. g. Lieferung in seiner Zusammenfassenden Meldung angegeben werden.
Der deutsche Unternehmer Groß verwirklicht einen i. g. Erwerb nach § 1a Abs. 1 Nr. 1-3 UStG. Der Ort des i. g. Erwerbs ist dort, wo der Gegenstand sich am Ende der Beförderung oder Versendung befindet, im vorliegenden Fall in Dänemark. Da es sich aber um ein i. g. Dreiecksgeschäft handelt, gilt dieser i. g. Erwerb in Dänemark nach § 25b Abs. 3 UStG als besteuert.
Darüber hinaus ist Groß gegenüber dem Lieferer auch mit seiner deutschen USt-IdNr. aufgetreten. Dies ist eine USt-IdNr., die aus einem anderen Mitgliedstaat stammt, als dem, in dem sich der Gegenstand der Lieferung am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Danach wäre dieser i. g. Erwerb nach § 3d Satz 2 UStG auch in diesem anderen Mitgliedstaat (Deutschland) der Besteuerung zu unterwerfen. Diese Besteuerungsverpflichtung entfällt allerdings, wenn Groß die von ihm ausgeführte Lieferung an den Abnehmer Telefonica in seiner in Deutschland abzugebenden Zusammenfassenden Meldung angibt. Dabei muss er die USt-IdNr. des Abnehmers (Telefonica), die Bemessungsgrundlage sowie ein Kennzeichen für das Dreiecksgeschäft erfassen.
Rechtsfolge des § 3d Satz 2 UStG hebt sich selbst wieder auf
Diese Rechtsfolge – Entfallen der Besteuerungsverpflichtung für den i. g. Erwerb nach § 3d Satz 2 in diesem Fall – ist direkt in die Regelung des § 3d Satz 2 UStG integriert worden.
Groß führt gegenüber dem Abnehmer Telefonica Lieferungen aus, deren Ort sich nach den Regelungen des Reihengeschäfts ergibt. Da es sich um unbewegte Lieferungen nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG handelt, die nach der bewegten Lieferung ausgeführt werden, sind die Lieferungen in Dänemark ausgeführt. Groß führt damit in Dänemark steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen aus. Da es sich aber um ein i. g. Dreiecksgeschäft handelt, wird der Leistungsempfänger Telefonica in Dänemark der Steuerschuldner der in Dänemark entstehenden Umsatzsteuer nach § 25b Abs. 2 UStG.
Abrechnung ohne ausgewiesene Umsatzsteuer
Groß hat gegenüber Telefonica ohne gesondert ausgewiesene (dänische) Umsatzsteuer abzurechnen. Er hat in der Rechnung auf das Vorliegen des i. g. Dreiecksgeschäfts hinzuweisen.
Telefonica muss auf 290.000 EUR 25 % dänische Umsatzsteuer (= 72.500 EUR) heraufrechnen und diese als aus einem i. g. Dreiecksgeschäft geschuldete Umsatzsteuer bei ihrem zuständigen dänischen Finanzamt anmelden. Die Gegenleistung (290.000 EUR) gilt nach § 25b Abs. 4 UStG als Bemessungsgrundlage. Da offensichtlich keine vorsteuerabzugsschädlichen Ausgangsumsätze bewirk...