Das wesentliche Kernelement der "neuen" Rentenbesteuerung ist der schrittweise Übergang zur nachgelagerten Besteuerung. Nachgelagerte Besteuerung bedeutet im Endergebnis, dass die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und ihr gleichgestellten Versicherungen bzw. berufsständischen Versorgungswerken zum Zeitpunkt der Zahlung von der Einkommensteuer freigestellt werden.
Prinzipiell greifen die Gesetzesänderungen seit 1.1.2005, wegen langfristiger Übergangsregelungen treten die Abzugsfähigkeit bzw. Freistellung der Vorsorgeaufwendungen und die nachgelagerte Besteuerung von Renten schrittweise ein, nach ursprünglicher Gesetzeslage über einen Zeitraum von 35 Jahren. Erst Renten, die nach dem 31.12.2039, also ab 2040 beginnen, hätten voll versteuert werden müssen. Bis dahin sollte der in Abhängigkeit des Jahres des Rentenbeginns anzuwendende Besteuerungsanteil ab dem Jahr 2020 jährlich um einen Prozentpunkt ansteigen.
Neue Rechtslage: Durch das Wachstumschancengesetz wurde der Zeitraum bis zur Vollbesteuerung – beginnend ab 2023 – bis zum Jahr 2058 verlängert.
Mit der Änderung wird beginnend ab dem Jahr 2023 der Anstieg des Besteuerungsanteils für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang auf einen halben Prozentpunkt jährlich reduziert. Für die Kohorte 2023 beträgt demnach der maßgebliche Besteuerungsanteil anstatt 83 % nur noch 82,5 % und erreicht nach seinem kontinuierlichen jährlichen Anstieg erstmals für die Kohorte 2058 100 %. Der im Jahr 2005 begonnene Übergangszeitraum zur vollständigen nachgelagerten Besteuerung von Renten aus der Basisversorgung ist somit bis zum Jahr 2058 verlängert worden. Die Änderung ist vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BFH erfolgt und soll eine sog. "doppelte Besteuerung" von Renten aus der Basisversorgung vermeiden.
Bis einschließlich VZ 2004 wurde nur der im Rentenbetrag von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung usw. enthaltene (pauschalierte) Zinsanteil, d. h. der Ertragsanteil, besteuert. Jetzt wird nach Ablauf der Übergangszeit ab 2058 die gesamte Rente besteuert und damit die Rentenbesteuerung an die Besteuerung von Beamten- und Betriebspensionen angeglichen.
Der Übergang zur nachgelagerten Besteuerung erfolgt schrittweise. Grund: Bisher haben sich die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nur zum Teil steuermindernd ausgewirkt. Daher darf der Fiskus die Rente nicht sofort in voller Höhe versteuern (Verbot der Doppelbesteuerung/Überbesteuerung).
Für die Zeit vom 1.1.2005 bis zum 31.12.2058 gibt es daher eine Übergangsregelung, die ab 2005 beginnend für jeden Rentnerjahrgang (Kohortenprinzip) einen prozentualen Besteuerungsanteil der Rente festlegt. Die Differenz zwischen dem Besteuerungsanteil der Rente und dem Jahresbetrag der Rente ist der steuerfreie Teil der Rente, der sog. Rentenfreibetrag. Die nachgelagerte Besteuerung gilt sowohl für Leistungen von inländischen als auch von ausländischen Versorgungsträgern.
Vorläufige Steuerfestsetzung für Besteuerung von Renten
Die Finanzbehörden wurden angewiesen, einen Vorläufigkeitsvermerk im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten allen Steuerbescheiden ab 2005 beizufügen, in denen eine Leibrente oder eine andere Leistung aus der Basisversorgung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG erfasst wird.
Eine mögliche Zuvielbelastung von Alterseinkünften muss nach der Rechtsprechung des BFH vom Steuerpflichtigen belegt werden. Steuerbescheide werden aber nicht von Amts wegen überprüft, sondern erst nach Vorlage der erforderlichen Dokumente, die es folglich aufzubewahren gilt.
Nicht alle Renten vom Systemwechsel betroffen
Bestimmte Arten von Renten werden auch weiterhin mit dem günstigen Ertragsanteil besteuert. Unter die Ertragsanteilsbesteuerung fallen z. B. Renten aus einer "normalen" privaten Rentenversicherung, Renten aus Lebensversicherungen, die nicht die strengen Anforderungen der Neuregelung erfüllen, oder VBL-Renten unter bestimmten Voraussetzungen.