Leitsatz
Sind im USt-Jahresbescheid abzugsfähige Vorsteuern mit 0 DM/EUR zugrunde gelegt, verliert die Festsetzung eines Vergütungsanspruchs aufgrund einer USt-Voranmeldung (Vorbehaltsfestsetzung), soweit sie auf berücksichtigten Vorsteuern beruht, ihre Wirksamkeit als formeller Rechtsgrund für die infolge einer wirksamen Abtretung des Anspruchs bewirkte Auszahlung. Im Fall der Uneinbringlichkeit beim Zedenten ist das FA zur Rückforderung des Betrags vom Zessionar berechtigt (Fortentwicklung der Rechtsprechung).
Normenkette
§ 18 Abs. 1, 3 UStG, § 37 Abs. 2 S. 2, § 124 Abs. 2, § 164, § 168, § 218 AO
Sachverhalt
Ein Unternehmen hatte für die Monate Februar und März 1995 USt-Voranmeldungen eingereicht und die daraus resultierenden Erstattungsbeträge abgetreten. Die abgetretenen Beträge wurden mit USt-Schulden der Abtretungsempfängerin verrechnet. Später wurde festgestellt, dass das Unternehmen hinsichtlich der betreffenden Vorsteuern nicht abzugsberechtigt war. Das FA änderte daher 2000 die Jahressteuerfestsetzung 1995 und setzte die USt unter Berücksichtigung nur eines geringen Betrags abziehbarer Vorsteuern fest, welcher nach den Feststellungen des FG nicht auf die vorgenannten Voranmeldungszeiträume entfiel.
Das FA fordert die abgetretenen Beträge von dem Zessionar zurück, nachdem es zunächst vergeblich versucht hatte, den im Jahressteuerbescheid festgesetzten Rückforderungsbetrag bei dem Unternehmen beizutreiben.
Entscheidung
Der BFH hat die Klage aus den vorgenannten Gründen abgewiesen, weil nach den Feststellungen des FG (FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09.10.2007, 4 K 23/02, Haufe-Index 1963419, EFG 2008, 833) die abgetretenen Vergütungsbeträge auf zu Unrecht in Anspruch genommenem Vorsteuerabzug beruhen.
Hinweis
Sind in einer USt-Voranmeldung zu Unrecht Vorsteuern geltend gemacht worden, so ergeht im Allgemeinen kein entsprechend berichtigter USt-Bescheid für den betreffenden Voranmeldungszeitraum; vielmehr wird die gebotene steuerliche Korrektur in dem USt-Jahresbescheid dadurch vorgenommen, dass der betreffende Vorsteuerbetrag dort nicht mehr als Abzugsposten erscheint.
Obwohl in einem solchen Fall also die Festsetzung der Vorauszahlung unberührt bleibt, kann das FA eine dort festgesetzte USt-Vergütung, die abgetreten worden ist, von dem Zessionar zurückfordern, wenn sich die Unrichtigkeit des Vorsteuerabzugs aus dem USt-Jahresbescheid ergibt. Der BFH geht dann von einer Erledigung der Vorauszahlungsfestsetzung in anderer Weise (§ 124 Abs. 2 AO) aus, sieht also in dem formellen Fortbestand der Vorauszahlungsfestsetzung kein Hindernis für die Annahme, dass der Rechtsgrund für die Auszahlung der Vergütung an den Zessionar weggefallen ist.
Die Umsetzung dieser Rechtsprechung im Einzelfall ist einfach, wenn sich aus dem USt-Jahresbescheid ergibt, dass das zedierende Unternehmen überhaupt nicht umsatzsteuerpflichtig oder zum Beispiel überhaupt nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt war. Wie aber ist es, wenn nur einzelne Abzugsbeträge zu Unrecht angemeldet worden sind, der Jahresbescheid also ebenfalls abziehbare Vorsteuerbeträge ausweist?
Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. u.a. Urteil vom 02.02.1995, VII R 42/94, BFH/NV 1995, 853) soll dann das Gleiche gelten, sofern der USt-Jahresbescheid nur eine entsprechende Feststellung enthält, dass die abgetretene USt-Vergütung materiell-rechtlich nicht entstanden ist. Das ist freilich nicht ganz wörtlich zu nehmen; denn die USt-Jahresfestsetzung enthält im Allgemeinen keine "Feststellungen" zur rechtlichen Beurteilung einzelner Vorsteuerbeträge, sondern berücksichtigt diese oder berücksichtigt sie nicht. Allenfalls dann, wenn dazu ein begründeter Bescheid oder eine Einspruchsentscheidung ergeht, lässt sich hieraus die Berechtigung bestimmter in einer Voranmeldung berücksichtigter Abzugsbeträge unmittelbar entnehmen.
Enthält die Jahresfestsetzung abzugsfähige Vorsteuerbeträge, so muss vielmehr gegebenenfalls vom FG aufgeklärt werden, auf welchen Voranmeldungszeitraum diese entfallen, wenn vorangemeldete USt-Vergütungen abgetreten und an den Zessionar ausgezahlt worden sind und von diesem nunmehr zurückgefordert werden sollen.
Die Möglichkeit einer Rückforderung der abgetretenen Vorsteuervergütung vom Zessionar soll allerdings nach dem Leitsatz offenbar nur dann ohne vorherige Änderung der betreffenden Voranmeldung bestehen, wenn der Betrag bei dem Zedenten nicht mit Erfolg geltend gemacht werden kann. Woraus sich diese problematische Einschränkung ergeben soll, sagt die Entscheidung freilich nicht. Offenbar hat hier die Rechtsprechung zu der Rückforderung nach § 17 UStG berichtigter Vorsteuerbeträge Pate gestanden, die – ungeachtet der gegen sie grundsätzlich zu erhebenden Bedenken – eine Übertragung auf den Fall der konkludenten Berichtigung einer Voranmeldung durch die Jahressteuerfestsetzung nicht ohne Weiteres gebietet. Denn bei § 17 geht es um Fälle, in denen die ursprünglich richtig vorangemeldete Steuer wegen späterer Ereignisse korrigiert werden muss (z.B. w...