Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Eine eingescannte mit einem Ausfuhrvermerk versehene Originalrechnung erfüllt nicht die Voraussetzunge für den Nachweis einer steuerfreien Ausfuhrlieferung, wenn das Original nicht vorgelegt werden kann.
Sachverhalt
Eine GmbH verkaufte mehrere Gegenstände an Abnehmer aus dem Drittlandsgebiet und stellte dafür teilweise den Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG entsprechende Kassenbelege aus, teilweise waren auf den Belegen nicht alle notwendigen Rechnungsangaben enthalten. Nach Ausfuhr der Gegenstände erhielt die GmbH die Kassenbelege mit dem Sichtvermerk der Ausgangszollstelle zurück und erfasste die Lieferungen als steuerfreie Ausfuhrlieferungen nach § 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 UStG. Die zurückgegebenen Belege wurden gescannt (schwarz/weiß) und die Originalbelege vernichtet. Die Finanzverwaltung versagte die Steuerfreiheit für die Lieferung und unterwarf sie der Umsatzsteuer.
Entscheidung
Das Gericht hat der gegen den Steuerbescheid gerichteten Klage teilweise stattgegeben. Grundsätzlich reichen eingescannte nach Auffassung des Gerichts nicht aus, um den Nachweis für eine Ausfuhrlieferung führen zu können. Der Sichtvermerk der Ausgangszollstelle (Stempelabdruck) muss im Original vorliegen, damit er auf seine Richtigkeit hin überprüft werden kann. Auch aus dem Gemeinschaftsrecht ergibt sich nach Auffassung des Gerichts keine andere Sichtweise.
Selbst wenn der gescannte Ausfuhrnachweis ausreichend sein sollte und eine steuerfreie Ausfuhrlieferung angenommen werden könnte, würde der Steuerpflichtige die Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG (unrichtiger Steuerausweis) schulden, da er in den Rechnungen die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen habe. Die Finanzverwaltung sieht zwar als Vereinfachungsregelung die Rückgabe der Originalrechnung als Rechnungsberichtigung an, dies kann aber nur dann gelten, wenn auch die zurückgegebene Originalrechnung aufbewahrt wird. Ob es sich um den eingescannten Beleg um die zurückgegebene Originalrechnung handelte oder nicht, kann nachträglich nicht festgestellt werden. Ausdrücklich stellt das Gericht aber fest, dass eine Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG sich nur dann ergeben kann, wenn der Beleg alle notwendigen Bestandteile einer Rechnung nach § 14 Abs. 4 UStG enthält, die es dem Leistungsempfänger ermöglichen würde, einen Vorsteuerabzug vornehmen zu lassen. Soweit die Rechnungsangaben nicht vollständig sind, kann sich keine Gefährdung des Steueraufkommens ergeben und eine Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG kann nicht entstehen.
In einem Ausnahmefall hat das Gericht aber eine steuerfreie Ausfuhrlieferung angenommen, obwohl auch hier nur ein eingescannter Sichtvermerk der Ausgangszollstelle vorlag. Nach Überzeugung des Gerichts steht aufgrund der objektiven Beweislage fest, dass bei der Klägerin die materiellen Voraussetzungen einer steuerfreien Ausfuhrlieferung vorliegen, sodass trotz Nichterfüllung der Nachweispflichten von einer Ausfuhrlieferung auszugehen ist.
Hinweis
Der Nachweis der Rückgabe einer Originalrechnung kann nur dann erfüllt sein, wenn die zurückerhaltene Rechnung auch im Original aufbewahrt wird. Anhand eines eingescannten Belegs kann nachträglich nicht verifiziert werden, ob es sich tatsächlich um das Original handelte und wie danach mit dem Original verfahren worden ist. Selbst wenn in solchen Fällen eine steuerfreie Ausfuhrlieferung anzunehmen ist, würde der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer als unrichtig ausgewiesene Steuer schulden.
Ebenso kann anhand eines gescannten Ausfuhrnachweises nicht das tatsächliche Gelangen eines Gegenstands in das Drittlandsgebiet nachgewiesen werden. Entsprechend der Rechtsprechung des BFH hat das Gericht aber auch trotz Nichtvorlage dieses Nachweises eine steuerfreie Ausfuhrlieferung in den Fällen angenommen, in denen es aufgrund weiterer Nachweise und der objektiven Beweislage die Voraussetzungen für die Ausfuhrlieferung vorliegen. In der Praxis sollte sich ein Unternehmer aber auf diese "objektive Beweislage" nicht verlassen. Es ist im Regelfall viel einfacher, den normalen Belegnachweis zu führen, als anhand anderer Belege den Nachweis führen zu wollen.
Das Finanzgericht hat die Revision gegen das Urteil zugelassen.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 19.05.2010, 3 K 1180/08