Dipl.-Finw. (FH) Holm Geiermann
Leitsatz
Ein Investitionsabzugsbetrag kann nicht geltend macht werden, wenn die Einkünfte hieraus wegen einer Liebhaberei keine steuerliche Relevanz besitzen. Bei der Prüfung der Liebhaberei ist von einem Prognosezeitraum von 20 Jahren auszugehen.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtigen machten im Streitjahr 2021 für die geplante Anschaffung einer Photovoltaikanlage auf dem privat genutzten Wohnhaus in ihrer Einkommensteuererklärung 2021 einen Investitionsabzugsbetrag geltend, der zu einem Verlust aus Gewerbebetrieb führte. Das Finanzamt veranlagte erklärungsgemäß. Im Hinblick auf die Verluste aus Gewerbetrieb erfolgte die Veranlagung vorläufig gemäß § 165 AO, weil die Gewinnerzielungsabsicht noch nicht abschließend geprüft werden konnte. Die Photovoltaikanlage wurde im Jahr 2022 angeschafft.
Aufgrund der mit dem Jahressteuergesetz 2022 ab dem Jahr 2022 eingeführten Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG machte das Finanzamt die Gewährung des Investitionsabzugsbetrags durch Berichtigung des Einkommensteuerbescheids 2021 nach § 165 Abs. 2 AO rückgängig. Zur Begründung verwies das Finanzamt auf das BMF, Schreiben v. 17.7.2023, IV C 6 - S 2121/23/10001, BStBl 2023 I S. 1494. Danach wären Investitionsabzugsbeträge, die in vor dem 1.1.2022 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen und einschließlich 31.12.2021 noch nicht gewinnmindernd hinzugerechnet wurden, nach § 7g Abs. 3 EStG rückgängig zu machen, wenn in nach § 3 Nr. 72 EStG begünstigte Photovoltaikanlagen investiert würde.
Die Steuerpflichtigen erhoben gegen den Berichtigungsbescheid Einspruch und beantragten eine Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung wiesen sie darauf hin, dass der Betrieb der Photovoltaikanlage im Streitfall keine Liebhaberei sei und mithin die durch das Jahressteuergesetz 2022 ab 2022 eingeführte Steuerbefreiung keine Auswirkung auf das Streitjahr 2021 haben könne. Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Die Steuerpflichtigen beantragten daraufhin eine Aussetzung der Vollziehung beim Finanzgericht (§ 69 Abs. 3 FGO).
Entscheidung
Das Gericht wies den Antrag als unbegründet zurück. Bei der gebotenen summarischen Prüfung bestünden keine ernstlichen Zweifel daran, dass es an der Gewinnerzielungsabsicht hinsichtlich des Betriebs der Photovoltaikanlage fehle. Bei der Entscheidung berücksichtigte das Gericht, dass für die Prognose, ob der Betrieb einer Photovoltaikanlage zu einem Totalgewinn führen kann, ein Prognosezeitraum von 20 Jahren zugrunde zu legen ist. Insoweit sei bei einer Photovoltaikanlage der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werde, dann erschüttert, wenn nach der Ergebnisprognose innerhalb eines Zeitraums von 20 Jahren mit dem Betrieb einer solchen Anlage - wie im Streitfall - kein Gewinn erzielt werden kann.
Hinweis
Zutreffend ist das Gericht davon ausgegangen, dass vor der Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift zunächst die Frage zu klären ist, ob nicht eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei vorliegt. Erst wenn einwandfrei feststeht, dass der Betrieb der Photovoltaikanlage keine Liebhaberei ist, ist die Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 72 EStG zu prüfen. Für die Fälle, die dann in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift fallen, gilt allerdings, dass die Rückgängigmachung von Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g Abs. 3 EStG, die in vor dem 1.1.2022 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen und einschließlich zum 31.12.2021 noch nicht gewinnmindernd hinzugerechnet wurden, materiell-rechtlich geboten und verfassungsmäßig nicht zu beanstanden ist. Nach dem Beschluss des FG Köln, Beschluss v. 14.3.2024, 7 V 10/24, gibt es nämlich keinen besonderen Schutz der Erwartung, dass die bisherige Rechtslage für diese Fälle hinsichtlich des Investitionsabzugsbetrags bestehen bleibt. Hierbei sei auch zu beachten, dass durch die rückwirkende Steuerbefreiung allgemein eine günstigere Rechtslage eingetreten sei, von der zahlreiche Steuerzahlende profitieren. Gegen diesen Beschluss des FG Köln hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt, Az beim BFH III B 24/24.
Link zur Entscheidung
FG Nürnberg, Beschluss v. 01.03.2024, 5 V 1163/23