Leitsatz
Bei der Ermittlung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 1.1.1996 unterliegt eine Rücklage für Ersatzbeschaffung nach R 35 EStR dem Abzugsverbot des § 103 Abs. 3 BewG.
Normenkette
§ 95 Abs. 3 EStR , § 103 Abs. 3 EStR , R 35 EStR
Sachverhalt
Nach einem Brand auf ihrem Werksgelände erhielt die Klägerin Versicherungsleistungen. In ihre nächste Bilanz zum 31.12.1995 stellte sie als Sonderposten mit Rücklagenanteil eine Rücklage für Ersatzbeschaffung gem. Abschn. 35 EStR ein, die sie in ihre Vermögensaufstellung auf den 1.1.1996 übernahm.
Das FA ließ diese Rücklage jedoch bei der Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens nicht zum Abzug zu. Die Klage und Revision der Klägerin, mit denen sie geltend gemacht hatte, dem Abzugsverbot des § 103 Abs. 3 BewG unterfielen nur Rücklagen mit ausschließlichem Eigenkapitalcharakter, blieben erfolglos.
Entscheidung
Für Stichtage vom 1.1.1993 bis 1.1.1997 besteht grundsätzlich Bestands- und Wertidentität zwischen der Steuerbilanz und der Vermögensaufstellung, soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht. Dieser Grundsatz wird durch § 103 Abs. 3 BewG eingeschränkt, wonach Rücklagen nur insoweit abzugsfähig sind, als ihr Abzug bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist. Dieser Regelung unterliegt auch die Rücklage für Ersatzbeschaffung gem. R 35 EStR. Deren Abzug ist bewertungsrechtlich nicht ausdrücklich zugelassen.
Der Anwendung des § 103 Abs. 3 BewG steht nicht entgegen, dass es sich handelsrechtlich gem. § 273 HGB um einen Sonderposten mit Rücklagenanteil handelt. Ertragsteuerrechtlich ist die Rücklage für Ersatzbeschaffung nach der für die Anwendung des § 103 Abs. 3 BewG allein maßgeblichen Steuerbilanz – d.h. unabhängig von ihrer Klassifikation nach Handelsrecht – eine Gewinnrücklage, weil sie einen Teilbetrag des ohne Rücklagenbildung realisierten Gewinns erfasst.
Hinweis
Der Grundsatz der Bestandsidentität zwischen der Steuerbilanz und der Vermögensaufstellung gem. § 95 Abs. 1 BewG für die Stichtage 1.1.1993 bis 1997 gilt nicht ausnahmslos. Die wesentlichen Ausnahmen sind in Abschn. 27 Abs. 2 VStR 1995 aufgeführt. Eine Ausnahme ist § 103 Abs. 3 BewG. Aber bereits Abs. 1 der Vorschrift enthält eine Ausnahme insofern, als er vorschreibt, Schulden und sonstige Abzüge seien nur insoweit zu berücksichtigen, als sie mit der Gesamtheit oder einzelnen Teilen des Betriebsvermögens i.S.d. Gesetzes – also i.S.d. § 95 BewG – in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Damit ist für Schulden und Abzüge eine eigenständige Prüfung des wirtschaftlichen Zusammenhangs im bisherigen bewertungsrechtlichen Sinn vorzunehmen (vgl. BFH, Urteil vom 15.3.2000, II R 15/98, BStBl II 2000, 588, 592).
Im Gegensatz zur verlängerten Maßgeblichkeit der Handelsbilanz nach den §§ 95 und 109 BewG ist § 273 HGB (Sonderposten mit Rücklagenanteil) Ausdruck der umgekehrten Maßgeblichkeit. Daher kann im Rahmen des § 103 Abs. 3 BewG nicht mit § 273 HBG argumentiert werden. Denn § 103 BewG verweist über § 95 BewG nur auf die Steuerbilanz.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 17.3.2004, II R 64/01