Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Bei einer verbindlichen Auskunft handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der unter den Voraussetzungen der §§ 130, 131 AO zurückgenommen oder widerrufen werden kann.
Sachverhalt
Die Kläger beantragten beim Finanzamt die Erteilung einer verbindlichen Auskunft mit dem Inhalt: "Diejenigen Bauleistungen, welche die Kläger zum Bau des Gebäudes auf dem Grundstück beziehen, unterliegen der Umsatzsteuerfreiheit aus § 4 Nr. 9a UStG".
Das Finanzamt erteilte am 31.10.2008 die Auskunft: "Umsätze, die unter das GrEStG fallen, sind nach § 4 Nr. 9a UStG steuerfrei. Da im vorliegenden Fall der Preis für das Grundstück und für die Bauleistungen in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einbezogen wurden, sind die Bauleistungen, die die Kläger zum Bau des Grundstücks beziehen, umsatzsteuerfrei".
Mit Verfügung vom 6.12.2010 nahm das Finanzamt die verbindliche Auskunft mit Wirkung ab dem Tag ihrer Bekanntgabe nach § 130 Abs. 1 AO zurück. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Das FG entscheidet, dass das Finanzamt die verbindliche Auskunft nach § 130 Abs. 1 AO zurücknehmen durfte, weil sie rechtswidrig war. Es hat nämlich zu Unrecht den Erwerb des Grundstücks von der Gemeinde und die Leistungen aus dem Rohbauvertrag mit der Baufirma als einheitliche Leistung gesehen und daraus geschlussfolgert, dass die bezogenen Leistungen umsatzsteuerfrei seien. Es liegen vielmehr zwei unterschiedlich zu beurteilende Umsätze vor.
Nur die Lieferung des Grundstücks durch die Gemeinde unterfällt dem GrEStG und ist daher nach § 4 Nr. 9a UStG steuerfrei. Dagegen stellen die Bauleistungen keinen steuerfreien Umsatz dar, da sie die Erstellung eines Wohnhauses betreffen.
Darüber hinaus war die verbindliche Auskunft auch deshalb rechtswidrig, weil von Anfang an klar war, dass die Kläger kein besonderes Interesse an der Auskunft haben konnten. Die Feststellung, dass ein Umsatz steuerfrei oder steuerpflichtig ist, kann grundsätzlich nur gegenüber dem Steuerpflichtigen ergehen, der sich bei späterer Inanspruchnahme als Steuerschuldner auf die ihm erteilte verbindliche Auskunft berufen kann.
Hinweis
Es ist höchstrichterlich (vgl. BFH, Urteil v. 30.4.2009, VI R 54/07, BStBl 2010 II S. 996) entschieden, dass es sich bei der verbindlichen Auskunft um einen Verwaltungsakt handelt. Entscheidend für die Korrekturbefugnis des Finanzamts war vorliegend, dass die rechtswidrige verbindliche Auskunft auch nach Auffassung des FG keinen begünstigenden Verwaltungsakt darstellte. In diesem Fall hätte sie nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 AO zurückgenommen werden können. Da die Kläger Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt haben (Az. des BFH: V B 116/12), darf man auf den weiteren Fortgang des Verfahrens gespannt sein.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 19.09.2012, 14 K 2779/11