Für (Außen-)Verpflichtungen zum Abbruch von Gebäuden, Anlagen usw. muss sowohl in der Handelsbilanz nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB als auch in der Steuerbilanz nach § 5 Abs. 1 Satz 1 1. Halbs. EStG i. V. m. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB eine Rückstellung ausgewiesen werden.
Allgemein ist die Voraussetzung hierfür das Bestehen einer Verbindlichkeit dem Grunde nach sowie ihre wirtschaftliche Verursachung vor dem Bilanzstichtag. Außerdem muss der Schuldner ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen. Die Prüfung des letzten Kriteriums, nämlich ob der Bilanzierende aus Sicht des Bilanzstichtags tatsächlich ernsthaft mit einer Inanspruchnahme aus der Verpflichtung zu rechen hatte, kann im Einzelfall problematisch sein.
Wie das Praxis-Beispiel zeigt, ergeben sich Abbruchverpflichtungen u. a. aus vertraglichen Verpflichtungen. Für den hier beispielhaft dargestellten Fall, dass ein Pächter die von ihm erstellten Anlagen nach Beendigung der Pachtzeit abreißen oder entfernen muss, ist eine Rückstellung zu bilden. Die Verpflichtung ist auch hinreichend konkretisiert, da es sich um eine vertragliche Verpflichtung handelt. Denn in diesem Fall ist davon auszugehen, dass der Gläubiger seine Rechte kennt und diese zur gegebenen Zeit geltend machen wird. Demzufolge ist beim Bestehen einer zivilrechtlichen Verpflichtung zur Entfernung oder zum Abbruch der vom Pächter errichteten Gebäude oder Einrichtungen keine weitere zeitliche Konkretisierung erforderlich.
Eine Abbruchverpflichtung kann aber auch auf einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung beruhen. In diesem Fall ist eine Rückstellung nur zu bilden, wenn
Nur dann muss der Verpflichtete mit einer Inanspruchnahme ernsthaft rechnen.
Von einer hinreichenden Konkretisierung in Form einer behördlichen Verfügung kann jedoch nicht bereits dann ausgegangen werden, wenn in einem Schreiben der zuständigen Behörde eine Ordnungsverfügung lediglich angedroht oder "in Erwägung gezogen"
wird. Hingegen kann sich nach diesen Grundsätzen eine Abbruchverpflichtung z. B. aus einer Baugenehmigung (Verwaltungsakt) ergeben.
Abbruchverpflichtung für eine Windkraftanlage auf Basis der Baugenehmigung
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat zu der Frage Stellung genommen, ob für Abbruchkosten einer Windkraftanlage eine Rückstellung gebildet werden kann.
Im Streitfall hatten die Kläger eine Windkraftanlage errichtet. Laut Baugenehmigung musste die Anlage unmittelbar nach Einstellung der Stromerzeugung beseitigt werden. Hierfür bildeten die Kläger in ihrer Bilanz eine Rückstellung für Abbruchkosten. Das Finanzamt hingegen vertrat die Auffassung, eine Rückstellung komme nicht in Betracht, da eine solche bei öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen nur bei hinreichender Konkretisierung infrage komme. Für die Beseitigung der Windkraftanlage läge aber keine besondere Verfügung bzw. keine gesetzliche Regelung vor.
Das FG Rheinland-Pfalz ließ jedoch die Rückstellung zu, da es im Streitfall die betreffenden Konkretisierungsanforderungen als erfüllt sah. Denn in der Baugenehmigung war ausdrücklich eine Beseitigungspflicht nach Einstellung der Stromerzeugung enthalten, die sich sowohl auf die Fundamente als auch auf den aufstehenden Turm der Windkraftanlage bezog.
Daraus lässt sich die Folgerung ableiten, dass die Windkraftanlage nach Einstellung der Stromerzeugung formell und materiell baurechtswidrig wird. Daher sei die Verwaltung nach Kenntniserlangung von der Einstellung der Stromerzeugung berechtigt, die Beseitigung der Anlage anzuordnen. Einer weiteren Konkretisierung, bspw. der Angabe eines im Voraus bestimmten Datums, bedürfe es bei dieser Sachlage nicht.