Eine wesentliche Rückstellungskategorie sind die Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten (bzw. Verbindlichkeitsrückstellungen), die ihre Ursache im Vorsichtsprinzip haben. Ihre Bildung setzt eine Verpflichtung gegenüber einem Dritten voraus, wodurch Vergangenes abgegolten wird. Dementsprechend ist eine Verbindlichkeitsrückstellung für eine Verpflichtung zur Rekultivierung zu bilden, wenn
- es sich um eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten oder um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung handelt,
- die Verpflichtung vor dem Bilanzstichtag wirtschaftlich verursacht ist,
- mit einer Inanspruchnahme ernsthaft zu rechnen ist und
- die Aufwendungen in künftigen Wirtschaftsjahren nicht zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten für einen Vermögensgegenstand führen.
In Anwendung der genannten Kriterien ist für Verpflichtung zur Leistung von Beihilfen an (künftige) Pensionäre und aktive Mitarbeiter eine Rückstellung zu bilden, das hat der BFH entschieden.
Im Streitfall gewährte der Arbeitgeber Pensionären in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen eine Beihilfe aufgrund von Einzelverträgen. Berechtigt waren einerseits Versorgungsempfänger und andererseits und aktive Arbeitnehmer für die Zeit nach Eintritt in den Ruhestand. Für diese Verpflichtungen begehrte der Arbeitgeber in seinen Bilanzen die Berücksichtigung von Rückstellungen, was das Finanzamt ablehnte.
Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage des Arbeitgebers statt. Der BFH bestätigte dieses Urteil.
Laut BFH sind u. a. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden.
3.1 Was eine ungewisse Verbindlichkeit kennzeichnet
Am Bilanzstichtag besteht zwar noch keine gewisse Verbindlichkeit. Denn ihr Vorliegen würde eine dem Inhalt und der Höhe nach bestimmte Leistungspflicht voraussetzen, die erzwingbar ist und eine wirtschaftliche Belastung darstellt.
Für dem Grunde nach ungewisse Verbindlichkeiten ist nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung eine Rückstellung zu bilden, wenn sie
- mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entstanden sind und der Steuerpflichtige daraus in Anspruch genommen wird und
- ihre wirtschaftliche Verursachung im Zeitraum vor dem Bilanzstichtag finden.
Im Streitfall ist – so der BFH – bereits aus der dem einzelnen Berechtigten gegenüber bestehenden Beihilfeverpflichtung eine Inanspruchnahme hinreichend wahrscheinlich. Denn es entspricht der Lebenserfahrung, dass beihilfeberechtigte Pensionäre im Laufe ihres Ruhestandes zugesagte Beihilfeleistungen tatsächlich in Anspruch nehmen.
3.2 Wirtschaftliche Verursachung vor dem Bilanzstichtag
Der Anspruch der jeweiligen Begünstigten auf Beihilfe im Einzelfall ist zwar abhängig von der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen (Krankheit, Geburt oder Todesfall). Dennoch findet die Verpflichtung, Beihilfe zu leisten, ihren wesentlichen wirtschaftlichen Bezugspunkt bereits im erfüllten Arbeitsverhältnis. Es bildet die wirtschaftliche Grundlage für die Ansprüche der Beschäftigten auf Beihilfeleistungen nach Eintritt in den Ruhestand. Der Eintritt des Beihilfefalles selbst bedeutet demgegenüber lediglich die Umsetzung der bestehenden Beihilfeverpflichtung in eine Zahllast.