4.1 Bilanzierung dem Grunde nach als Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeit

In § 249 HGB ist abschließend bestimmt, für welche Zwecke eine Rückstellung zu bilden ist. Bei Vorliegen der Tatbestände des § 249 HGB muss nach Handelsrecht zum nächsten Bilanzstichtag eine Rückstellung gebildet werden. Es besteht kein Wahlrecht.

Eine wesentliche Rückstellungskategorie sind die Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten (bzw. Verbindlichkeitsrückstellungen). Das IDW hat u. a. die Bilanzierung von Verbindlichkeitsrückstellungen im Standard IDW RS HFA 34 konkretisiert.

Die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten setzt eine Verpflichtung gegenüber einem Dritten voraus, wodurch Vergangenes abgegolten wird. Im Fall der rechtsverbindlichen Zusage von Jubiläumszuwendungen anlässlich eines Dienstjubiläums besteht eine Verpflichtung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, denn die zugesagten Jubiläumszuwendungen sind ein zusätzliches Entgelt zur Erlangung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers.

Weiterhin ist eine Verbindlichkeitsrückstellung nur zu bilden, wenn mit einer Inanspruchnahme aus der Verpflichtung ernsthaft zu rechnen ist. Da die Arbeitnehmer ihren Anspruch kennen und rationales Handeln zu unterstellen ist, muss ein Kaufmann, der eine rechtsverbindliche Zusage für Jubiläumszuwendungen gegenüber Mitarbeitern gegeben hat, ernsthaft damit rechnen, in Anspruch genommen zu werden.

Allein das Kriterium der wirtschaftlichen Verursachung vor dem Bilanzstichtag erscheint problematisch. Im Falle einer Zusage von Jubiläumszuwendungen anlässlich eines Dienstjubiläums werden diese erst zu einem Zeitpunkt in der Zukunft ausgezahlt. Dadurch gerät der Arbeitgeber vom Zeitpunkt der Zusage bis zum Zeitpunkt der Gewährung der Zuwendungen in einen Erfüllungsrückstand. Die Verpflichtung ist daher vor dem Bilanzstichtag wirtschaftlich verursacht. Für diesen Erfüllungsrückstand muss der Kaufmann eine Verbindlichkeitsrückstellung bilden.

Eine Rückstellung ist dementsprechend für alle zugesagten Verpflichtungen zur Leistung von Jubiläumszuwendungen zu bilden, die per Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag schriftlich zugesagt sind oder ein entsprechender Beschluss des Unternehmens vorliegt.[1] Im Einzelfall kann sich eine Verpflichtung auch aus der betrieblichen Übung ergeben.

[1] Vgl. WP-Handbuch, 17. Aufl., Abschnitt F, Rz. 665.

4.2 Bewertung einer Jubiläumsrückstellung mit abgezinstem Verpflichtungsbetrag

Nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB ist der Betrag anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung zur Erfüllung der Verpflichtung notwendig ist (Erfüllungsbetrag). Der Erfüllungsbetrag bezeichnet den bereits abgezinsten (nominellen) Verpflichtungsbetrag und entspricht dem (abgezinsten) Buchwert der Rückstellung.

Die Schätzung des Verpflichtungsbetrags richtet sich nach den Aufwendungen, die im Zeitpunkt der Erfüllung voraussichtlich entstehen werden. D. h. bei Verpflichtungen zur Erbringung von Jubiläumszuwendungen, dass in die Schätzung

  • neben der zugesagten Zahlung auch Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung einzubeziehen sind. Soll der Arbeitgeber die Lohnsteuerbelastung des Arbeitnehmers tragen (Nettolohnvereinbarung), so ist auch die Lohnsteuer in die Schätzung einzubeziehen;
  • künftige Preis- und Kostensteigerungen bei der Bewertung der Rückstellungen einzubeziehen sind, d. h. zu erwartende Lohn- bzw. Gehaltssteigerungen bis zum Zeitpunkt der Erfüllung sind ggf. zu berücksichtigen, sofern dies die Höhe der Zuwendungen beeinflusst;
  • die Wahrscheinlichkeiten über ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Betrieb durch Tod, Invalidität und Renteneintritt einzubeziehen sind;
  • die Wahrscheinlichkeit über ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Betrieb durch Fluktuation einzubeziehen sind. Bei der Schätzung von Fluktuationsabschlägen können Erfahrungswerte des bilanzierenden Kaufmanns berücksichtigt werden.

Gemäß § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB sind Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen 7 Geschäftsjahre entsprechend ihrer Restlaufzeit abzuzinsen. Nur bei Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen ist auf den Durchschnitt der letzten 10 Jahre abzustellen.

Jubiläumsverpflichtungen anlässlich eines Dienstjubiläums unterliegen wie Altersversorgungsverpflichtungen biometrischen Risiken und zählen daher zu den vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen i. S. d. § 253 Abs. 2 Satz 2 HGB.[1] D. h. die Abzinsung von Rückstellungen für Jubiläumszuwendungen erfolgt zum durchschnittlichen Marktzinssatz der letzten 7 Jahre unter Berücksichtigung der Restlaufzeit der jeweiligen Rückstellung. Aber hinsichtlich der Restlaufzeit kann nach § 253 Abs. 2 Satz 2 HGB wahlweise vereinfachend von 15 Jahren ausgegangen werden.

[1] Vgl. Bertram/Heusinger-Lange/Kessler, in Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, § 253 HGB Rz. 115, Stand: 6.9.2022.

4.3 Kontierung einer Jubiläumsrückstellung

In den Standardkontenplänen 03/04 ist kein gesondertes Bilanzkonto für Jubiläumsrückstellungen enthalten. Daher kann entweder das Konto "Sonstige Rückstellungen" (SKR03: 0970; SKR04: 3070) verwendet werden oder ein gesondertes Konto ...

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